© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/16 / 03. Juni 2016

Die Traditionsmarken Emsa, Silit und WMF werden französisch
Teures Hochzeitsbesteck
Markus Brandstetter

Es gibt Firmen mit Tausenden von Mitarbeitern, großen Umsätzen und schönen Gewinnen, die kaum einer kennt, etwa die Société d’Emboutissage de Bourgogne (SEB). Emboutissage bedeutet auf deutsch „Tiefziehen“; so nennt man einen Prozeß, bei dem man durch Druck und Zug ein Metallstück in einen offenen Hohlkörper verwandelt, also zum Beispiel ein Blech in eine Getränkedose.

Ursprünglich 1857 in der burgundischen Gemeinde Selongey gegründet, versammelt sich heute in der Groupe SEB eine beeindruckende Anzahl internationaler Marken, die alle etwas mit Haushalt und Küche zu tun haben: Rowenta, Moulinex, Krups oder der Pfannenhersteller Tefal. SEB ist als deren Hersteller auch deshalb besonders glaubhaft, weil die Firma – trotz des Umzugs der Zentrale nach Écully bei Lyon – weiter in der Gourmet-Region Nummer eins, dem französischen Burgund, beheimatet ist und zudem ein Team von Köchen, Ernährungswissenschaftlern und sogar Anthropologen beschäftigt, die an den Produkten feilen und tüfteln. SEB setzt heute fast fünf Milliarden Euro um und beschäftigt weltweit fast 26.000 Mitarbeiter – beindruckende Zahlen für einen Blechverarbeiter, der mit Kochtöpfen begonnen hat.

SEB hat nun nicht nur die westfälische Emsa GmbH, sondern auch die 1857 in Geislingen an der Steige gegründete Württembergische Metallwarenfabrik (WMF), zu der auch der schwäbische Kochgerätespezialist Silit gehört, für fast 1,6 Milliarden Euro vom US-Investor KKR übernommen. An WMF interessieren die Franzosen neben Qualität und Bekanntheit der Besteckmarke vor allem die Kaffeeautomaten für Restaurants und Bäckereien, ein Feld, auf dem WMF Weltmarktführer ist. Ob die deutsch-französische Hochzeit allerdings wirklich so problemlos über die Bühne geht, liegt nicht nur an den Kartellbehörden. Die Übernahme ist komplett schuldenfinanziert. Der Wettbewerb in diesen Märkten ist mörderisch und SEB unwillig, eine Garantie für die deutschen Beschäftigten abzugeben.