© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/16 / 27. Mai 2016

Knapp daneben
Gewissensberuhigung für Flugreisende
Karl Heinzen

Die Internationale Luftfahrtausstellung in Berlin lockt am 1. Juni mit einer Pressekonferenz, auf der die Heinrich-Böll-Stiftung und der Airbus-Konzern eine gemeinsame Broschüre zum nachhaltigen Fliegen vorstellen wollen. So unterschiedlich die Geschäftsmodelle der Veranstalter auch sind, stimmen sie doch in einem überein: Sie hoffen auf eine Zukunft, in der es mehr Menschen als bisher zu Wohlstand bringen. Das globale wirtschaftliche Wachstum läßt in einstigen Entwicklungsländern neue Mittelschichten entstehen. Für die grünen Denker geht damit der Wunsch in Erfüllung, daß sich das soziale Ungleichgewicht zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden endlich aufhebt. Der Flugzeughersteller wiederum darf darauf spekulieren, daß sich mehr Menschen Flugreisen leisten können und mehr Flugzeuge verkauft werden.

Hilfreich wäre es, auf die Bedeutung des Luftverkehrs für das Zusammenwachsen der einen Welt hinzuweisen.

Tatsächlich erwarten Experten, daß die „Demokratisierung des Fliegens“ innerhalb von 20 Jahren zu einer Verdoppelung der Flugzeugflotten führt. So schön dies für die Demokratie auch ist, so groß sind aber die Bauchschmerzen der Grünen, wenn sie an unsere Umwelt denken. Schon heute reisen ihre Anhänger überdurchschnittlich viel mit dem Flugzeug, und sie tun dies mit schlechtem Gewissen. Airbus bietet ihnen den Service, mit sich selbst ins reine zu kommen. Im Dialog soll die grüne Klientel lernen, daß manches dafür getan wird, Treibstoffverbrauch und Emissionen zu senken. Da sie latent technikfeindlich ist, sind derartigen Überzeugungsversuchen aber Grenzen gesetzt. Hilfreicher wäre es, auf die Bedeutung des Luftverkehrs für das Zusammenwachsen einer solidarischen Weltgesellschaft hinzuweisen. Wer ins Flugzeug steigt, bewegt sich auf andere Menschen zu, er will sie kennen, verstehen und lieben lernen. Bereits dies ist ein ethischer Wert an sich.

Ein grüner Passagier vermag aber noch mehr. Er kann sich als Klimabotschafter begreifen, der unterwegs ist, um Mitmenschen für den Kampf gegen die Erderwärmung zu gewinnen. Die paar Emissionen, die auf der Reise anfallen, lassen sich angesichts dieses moralischen Auftrags leicht verschmerzen.