© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/16 / 27. Mai 2016

Mit Skandalen erfolgreich: Hildegard Hamm-Brüchers geschickte Selbstinszenierung
Immer im Sinne der Reeducation
(dg)

Hildegard Hamm-Brücher machte letztmalig Schlagzeilen, als die 80jährige FDP-Politikerin wegen Jürgen Möllemanns Israel-Kritik 2002 aus ihrer Partei austrat. Wie der auf die bundesdeutsche Rezeptionsgeschichte des „‘Holocaustsyndroms’“ spezialisierte Jenaer Zeithistoriker Jacob S. Eder ausführt (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 2/2016), prägte dieser Hang zur Skandalisierung parteiinterner Konflikte ihre politische Laufbahn, seit sie dem Münchner Stadtrat (1946) und dem Bayerischen Landtag (1950) angehörte. Hamm-Brücher, die, obwohl sie als „Halbjüdin“ noch während der NS-Zeit promovieren konnte, ihre Außenseiterrolle nach 1945 kultivierte, habe zunächst als Redakteurin eines US-Besatzungsblattes, dann als linksliberale Landespolitikerin „zentrale Ziele der amerikanischen Besatzungs- und Reeducationpolitik“ verfolgt. Dadurch sei sie in einen Dauerkonflikt mit der von „Deutschnationalen durchsetzten“ Landes- und Bundes-FDP geraten. Die Nationalliberalen erwiesen sich jedoch bereits 1962 als zu schwach, um Hamm-Brücher aus der Partei zu drängen. Dank guter Kontakte zur Münchner Abendzeitung und zur Zeit gelang es ihr, die Öffentlichkeit gegen die „rechtsopportunistischen Kreise“ in der FDP zu mobilisieren. Selbst ihre „Skandale“, die ihre politische Isolation manifestierten, festigten daher ihr Image als „mutige und unabhängige Liberale“. 


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