© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/16 / 27. Mai 2016

„Gold gab ich für Eisen“
Anleiheklauseln: Zahlungsversprechen mit Tücken / Wie schützt man sich vor einer Euro-Währungskrise?
Dirk Meyer

Am 31. Juli 1914 läutete die Reichsbank das Ende der Goldmark ein, indem das Einwechseln von Banknoten und Scheidemünzen gegen Gold eingestellt wurde. Die bis dahin zu einem Drittel goldgedeckte deutsche Währung wurde durch Papiergeld ersetzt. Die Reichsbank belohnte ab 1916 die Abgabe von Schmuck oder den Tausch von Gold gegen Papiergeld mit einer Medaille aus Eisen: „Gold gab ich für Eisen“ war der Werbespruch, der zur Spende im Zeichen einer zur Kriegsfinanzierung mißbrauchten Notenbank aufrief.

Zwar gab es auch – wegen der Erfahrungen des Bretton-Woods-Systems – nie den Versuch, den Euro an einen Goldstandard zu binden. Dennoch lassen sich gewisse Parallelen in der Aufgabe der Unabhängigkeit der EZB im Zeichen der Staatsschuldenkrise und des Festhaltens faktisch überschuldeter Krisenländer am Euro erkennen. Die nochmals erhebliche Lockerung der Geldpolitik im März und die Bestätigung der Nullzinspolitik durch den EZB-Rat im April sind ein Indiz dafür. Zugleich erklärt dies den wieder wachsenden Zuspruch zur Goldanlage, sei es in Barrengold oder Minenaktien. Bei Negativzinsen für Staatsanleihen und wieder anziehenden Goldpreisen scheint eine Anlage in Gold attraktiv. Darüber hinaus gilt Gold als „sicherer Hafen“, sollten sich die derzeit in den Hintergrund gedrängten Negativvorhersagen einer außer Kontrolle geratenen Geldpolitik, einer drohenden Finanzmarkt- beziehungsweise Bankenkrise oder gar eines chaotischen Zusammenbruchs des Eurosystems bestätigen.

Gold- und Währungsklauseln

Gold kann auch als Schutz bei einer möglichen Euro-Währungskrise dienen – etwa in den Regelungen für langlaufende Verträge zwischen Inländern sowie für Verträge mit Auslandsbezug (Export/Import; Finanzgeschäfte). Die Goldklausel hatte vor dem Ersten Weltkrieg und während der Hyperinflation in Deutschland ebenso wie in anderen Ländern eine große Bedeutung zum Schutz der Gläubiger gegen eine extreme Geldentwertung. Die Leistung des vereinbarten Geldbetrages erfolgt bei einer Goldklausel nach Goldwert oder in Gold (Unzen). Liegt eine Goldwertklausel vor, ist die Geldforderung an die Entwicklung des Goldpreises gebunden: Steigt der Goldpreis, so steigt der Eurobetrag für die vereinbarte Leistung.

Auch ist eine Goldmengenklausel möglich, nach der die Zahlung einer Forderung in einer bestimmten Anzahl Unzen Goldes zu erfolgen hat. Der Vertrag kann eine Ersetzungsbefugnis in Euro enthalten, so daß auf eine physische, meist mit hohen Versandkosten verbundene Lieferung verzichtet wird. Hinsichtlich des praktischen Gebrauches von Goldklauseln sind jedoch verschiedene Einschränkungen zu beachten.

So ist ein absoluter Schutz auch hier nicht gegeben, da der Gesetzgeber oder die Rechtsprechung in der Vergangenheit entsprechende Schutzklauseln aufgehoben hat – gerade wenn ihr Einsatz nachgefragt und sie für den Wirtschaftsverkehr wichtig wurden. Für die Vertragspartner bedeutet die Vereinbarung einer solchen Klausel eine Spekulation auf den Goldpreis – die bei fallendem Goldpreis auch schiefgehen kann. Darüber hinaus besteht implizit ein zusätzliches Preis- und Währungsrisiko auf Eurobasis. Da Gold in US-Dollar gehandelt wird, tragen alle Goldklauseln dieses Dollar/Euro-Wechselkursrisiko.

Währungsklauseln sind vertragliche Regelungen, die eine Begleichung der Schuld in fremder Währung vorsehen. Die Motivation hierfür geht in zwei Richtungen: Zum einen kann ein Mißtrauen in die Stabilität des Euro – hervorgerufen durch Inflation und Wechselkursschwankungen – zu einem Vertragsschluß in einer stabileren Fremdwährung führen. Zudem könnte bereits bei Vertragsschluß in dem Bewußtsein einer nahenden Währungsumstellung in einer Fremdwährung abgeschlossen werden. Beispielsweise könnte der Vertrag über eine Bauleistung zwischen einem griechischen Bauträger und einer griechischen Hotelkette auf Schweizer Franken lauten. Zum zweiten haben Währungsklauseln bei internationalen Anleihen und Leistungsverträgen den Vorteil, daß Gläubiger außerhalb des Euroraumes die Rückzahlung in ihrer heimischen Währung verlangen können und damit keinem Wechselkursrisiko eines „Weich-Euro“ unterliegen.

Vertragliche Kontinuitätsklausel

Sollte eine Währungsreform drohen, kann eine Neuwährungsklausel damit einhergehende eventuelle Schlechterstellungen einer Vertragspartei bereits im vorhinein ausschließen. Relevante Nachteile wären insbesondere die Folgen einer Abwertung einer Neuwährung für den Gläubiger („Neue Drachme“) und umgekehrt die einer Aufwertung für den Schuldner („Neue D-Mark“). Zentral wäre deshalb die Frage zu klären, welche Währung bei einer Umstellung in Altverträgen zu gelten hätte: weiterhin der Euro oder die neue Landeswährung?

Insbesondere bei einer Auflösung des Euro wären bei nicht vorherigen vertraglichen Festlegungen komplizierte gerichtliche Auseinandersetzungen zu erwarten. Darüber hinaus könnten Kapitalverkehrsbeschränkungen die Vertragserfüllung behindern. Zur Sicherstellung und Bekräftigung der Vertragskontinuität könnte zusätzlich eine vertragliche Kontinuitätsklausel eingefügt werden. Hierin wäre festgelegt, daß Zahlungen in der jeweils gültigen Landeswährung vorzunehmen sind, eine Neuwährung demnach uneingeschränkt gilt, der amtliche Umrechnungskurs generell Anwendung findet und für diesen Fall weder ein Kündigungs-, Rücktritts- oder Anfechtungsgrund besteht, noch eine Nachverhandlung gefordert werden kann.






Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ordnungsökonomik an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.

Umschuldungsklauseln bei Anleihen

Alle Euro-Staatsanleihen, die seit dem 1. Januar 2013 in der EU ausgegeben werden, enthalten in ihren Vertragsbedingungen eine explizite Umschuldungsklausel (Collective Action Clause/CAC). Die CAC besagt, daß der jeweilige Staat bei Zahlungsschwierigkeiten eine verbindliche Änderung seiner Anleihebedingungen – mit in der Regel zwischen 50 und 85 Prozent der Gläubigerstimmen – erreichen kann, die dann für alle Gläubiger bindend ist (JF 16/13). Wenn beispielsweise zwei Drittel der ausstehenden Nennwerte im Besitz der EZB oder von Staatsbanken sind, könnte sich der kleinere Teil der (privaten) Gläubiger nicht mehr erfolgreich gegen eine Schuldenrestrukturierung – in Form zum Beispiel einer Laufzeitverlängerung der Anleihe oder Zinsherabsetzung – stemmen. Beim ersten griechischen Schuldenschnitt gab es diese Klauseln noch nicht. Auch alle neuen Bundeswertpapiere besitzen CAC. Sie sind daher eigentlich nicht mehr mündelsicher noch für Versicherungen deckungsstockfähig. Die CAC-Neuregelung wurde 2012 im Zusammenhang mit dem ESM-Vertrag zur Euro-Rettung verabschiedet.