© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/16 / 20. Mai 2016

Knapp daneben
Kostenbewußte Eltern
Karl Heinzen

Haushalte, die es auf ein monatliches Nettoeinkommen von 5.000 Euro und mehr bringen, investieren jährlich, so eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes, über 2.100 Euro in Bekleidung. Geringverdiener, die bloß 1.300 Euro oder weniger zur Verfügung haben, wollen hierfür gerade einmal 300 Euro opfern. Ihr Geiz hindert sie daran, über ihren niedrigen sozialen Status hinauszukommen. Wer auf seine Kleidung keinen Wert legt, signalisiert, daß er für die Gesellschaft wertlos ist.

Auch viele Angehörige der Elite sind bildungsfern. Man sieht es ihnen aber nicht an. Anstatt ihr Geld für Sky-Abonnements oder Pauschalreisen nach Mallorca auf den Kopf zu hauen, sollten sozial Schwache daher lieber mehr für ein gepflegtes Erscheinungsbild aufwenden.

Was Kinder der Gesellschaft später einmal nützen, läßt sich, solange sie noch klein sind, kaum einschätzen.

Abgesehen von der Unvernunft der Unterschichten bieten die Zahlen des Statistischen Bundesamtes ein erfreuliches Bild. Frauen geben im Durchschnitt doppelt soviel Geld für Bekleidung aus wie Männer. Darin spiegelt sich ihre wachsende gesellschaftliche Relevanz. Frauen erzielen höhere Bildungsabschlüsse und drängen in Führungspositionen der Wirtschaft. Folglich brauchen sie mehr als eine Schürze, mit der ihre Mütter auskamen, wenn sie als Heimchen am Herd auf die Rückkehr ihrer Männer von der Arbeit warteten.

Besonders erfreulich ist aber das Kostenbewußtsein deutscher Eltern. Auf gerade einmal 84 Euro beläuft sich das durchschnittliche Jahresbudget, das sie für Kinderkleidung vorsehen. Weniger ist wahrscheinlich gar nicht möglich. Auch wenn Deutsche ihren Nachwuchs vermutlich lieben, lassen sie sich nicht zu Irrationalismus verleiten. Kinder sind ein Luxusgut und kosten wegen der Quadratmeter Wohnraum und der Nahrungsmittel, die sie beanspruchen, bereits genug. Da muß man sie nicht auch noch teuer ausstaffieren. Was sie den Eltern und der Gesellschaft als Erwachsene später einmal nützen, läßt sich, solange sie noch klein sind, kaum einschätzen. Wer sich mehr als ein Abendessen zu zweit abspart, um sie bei Takko oder H & M mit dem Nötigsten einzukleiden, könnte die Fehlinvestition später bitter bereuen.