© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/16 / 06. Mai 2016

Greenpeace Niederlande veröffentlicht geheime TTIP-Dokumente
Akute Erklärungsnot
Jörg Fischer

Ob vor zwei Wochen nun 35.000 oder 90.000 Linke, Rechte, Ökos und Verschwörungstheoretiker unter Parolen wie „Gib TTIP keine Chance“ oder „Democracy killed by money“ demonstriert haben, dürfte Angela Merkel egal gewesen sein – zusammen mit Barack Obama warb sie auf der Hannover-Messe für das umstrittene Abkommen TTIP. Aber: „Wir sollten uns sputen“, mahnten die Kanzlerin und die Regierungspresse.

Den Grund erfuhr das gemeine Volk erst jetzt: Greenpeace Niederlande veröffentlicht 250 Seiten geheime TTIP-Dokumente, die bestätigen, daß es weniger um transatlantischen Freihandel, denn die Erpressungsquele Schiedsgerichte (ISDS) und eine Revision des Verbraucherschutzes geht. Daß die US-Seite mit Milliardengewinnen für ihre Agrarindustrie zu Lasten der EU-Bauern rechnet, ist bekannt (JF 15/16), doch mit welcher Chuzpe die amerikanischen Unterhändler bei den Verhandlungen vorgehen, hat nun die TTIP-Einpeitscher in akute Erklärungsnot gebracht.

Die TTIP-Gegner haben nun schwarz auf weiß, daß die US-Seite Produktverbote zum Schutz der menschlichen Gesundheit nur zuläßt, wenn diese „wissenschaftlich“ belegt sind. Das ist aus Washingtoner Sicht nur konsequent – nach dem Motto: Es ist alles erlaubt, nur wenn es schief geht, dann sind irrsinnige Schadenersatzzahlungen fällig. VW kennt das.

In Europa gilt dagegen das Vorsorgeprinzip: Hormonfleisch? Genfood? Chemikalien? Ohne Genehmigung läuft nichts. Daß Bundestag und EU-Parlament TTIP dennoch durchwinken, scheint sicher. Auch die TTIP-Lobby der Großindustrie hat sicher keine Bedenken, Arbeitnehmerrechte und den subventionierten Bauernstand zu opfern, wenn dafür die „Buy American“-Klauseln fallen. Doch diese verteidigen nicht nur Donald Trump oder Bernie Sanders, sondern auch zahlreiche Bundesstaaten, US-Städte und unzählige Counties.

TTIP-Daten von Greenpeace Niederlande: www.ttip-leaks.org