© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/16 / 29. April 2016

Legendenproduktion zum Heß-„Friedensflug“ 1941
Nachhaltige Geschichtsfälschung
(dg)

Überall auf der Welt treffen Archive Vorkehrungen, um sich gegen den Diebstahl ihrer Akten und Urkunden zu sichern. In Zukunft sollten sie auch damit rechnen, daß Benutzer Dokumente nicht heraus-, sondern hineinbringen wollen. Dies lehrt jedenfalls das Beispiel des Publizisten Martin Allen, den das britische Nationalarchiv überführen konnte, Aktenbände um von ihm gefälschte Papiere „bereichert“ zu haben (JF 21/08). So schuf er sich die scheinbar authentischen Quellen für drei zwischen 2001 und 2005 ins Deutsche übersetzte zeitgeschichtliche Bücher. Vor allem das Werk „Churchills Friedensfalle“ (2003) erregte großes mediales Aufsehen, weil es die alte These vom HitlerStellvertreter Rudolf Heß neu zu beglaubigen vorgab, der zufolge die politische Nummer zwei der nationalsozialistischen Reichsleitung am 10. Mai 1941 nicht aus Eigeninitiative, sondern im Auftrag Adolf Hitlers zu Friedenssondierungen nach Schottland geflogen sei. In einem Rückblick auf den kuriosen Fall zeichnet der Berliner Historiker Ernst Haiger in einem von Christian Müller-Straten herausgegebenen Werk über „Fälschungserkennung“ (München 2015) nach, wie mühsam es war, Allens Manipulationen 2008 endlich zu beweisen. Trotzdem würden seine kruden Thesen bis heute selbst außerhalb des „rechts-esoterischen Milieus“ unkritisch kolportiert. 


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