© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/16 / 29. April 2016

Blick in die Medien
„Beleidigt Erdogan!“
Tobias Dahlbrügge

Männer aus dem Orient sind Kritik zuweilen schwer zugänglich. Insofern war Recep Erdogans Reaktion auf Jan Böhmermanns Schmähgedicht vorhersehbar. Doch jetzt werden die Impulse des Sultans vom Bosporus einem neuen Streßtest unterzogen: Die konservative britische Zeitschrift Spectator tritt nach. Wenn die Briten eines können, dann beleidigende Polemik mit viel „untenrum“.

Spectator-Kolumnist Douglas Murray rief seine Leser zu einem Wettbewerb der boshaftesten Erdogan-Gedichte auf. Dem Gewinner winken tausend britische Pfund Preisgeld! Bedingung: Die Verse müssen wirklich richtig fies und gemein sein. Als Versmaß werden Limericks bevorzugt.

Als freier Brite lasse er sich von Despoten nichts sagen, schreibt der Autor Douglas Murray. 

Der Autor selbst hat schon mal vorgelegt und mit seinem Fünfzeiler Maßstäbe gesetzt: Bei Murrays Limerick werden selbst die obszönsten Fäkal-Rapper rot vor Scham. Auch in seinem Artikel zum Wettbewerb zieht er derbe vom Leder, inklusive Zoophilie-Klischee.

Texte mit politischer Kritik hätten höchstens Aussicht auf einen zweiten Platz, stellt Murray klar; die Herausforderung sei, den türkischen Staatschef so unflätig wie möglich zu beleidigen. Man wolle zeigen, daß Gesetze gegen Majestätsbeleidigung in Europa nichts zu suchen hätten. Als freier Brite lasse er sich von Despoten nichts sagen, schreibt der Autor mit englischer „Stiff Upper Lip“-Attitüde. Herausgeber des Spectator ist der 51jährige Vizechef der britischen Konservativen, der schillernde Boris Johnson.

Der Gewinner des „Präsident Erdogan Beleidigungs-Wettbewerbs“ wird am 23. Juni ermittelt – ausgerechnet am Tage des britischen Referendums zum „Brexit“. Das Datum ist mit Bedacht gewählt: „Vielleicht werden wir es danach nicht mehr veröffentlichen können.“

Noch gelte in England das Recht auf freie Meinungsäußerung, aber nur „solange David Cameron sein Ziel noch nicht erreicht hat, die Türkei in die EU zu bringen“. Deutschland, so das Blatt, sei bereits eine türkische Provinz.