© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/16 / 15. April 2016

Der Geist steht links
Die „FAZ“ macht Stimmung gegen eine Promotion
Konrad Adam

Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus wächst von Tag zu Tag. Nachdem die FAZ jahrelang abseits gestanden hatte, macht sie jetzt endlich mit. Nach den alarmierenden Wahlerfolgen der AfD will sie den Kampf gegen Rechts nicht mehr der Zeit, dem Spiegel und der Süddeutschen überlassen; jetzt warnt auch sie vor den Alt-, den Neo- und den Latenz-Nazis, die unter anderem an den Universitäten ihr Unwesen treiben. Sie warnt dort, wo die Warnung hingehört, in der Rubrik „Geisteswissenschaften“. Denn der Geist steht links.

Unter der Überschrift „In Greifswald erhält ein Neonazi den Doktortitel“ hatte die Zeitung am 6. April versucht, eine Promotion an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität zu verhindern oder rückgängig zu machen. Der Student war auf die Idee gekommen, seine verfassungsfeindlichen Gedanken in einer Dissertation über das Thema „Der privatärztliche Vergütungsanspruch gemäß der GOÄ im Spannungsfeld des medizinischen Fortschritts“ zu verstecken. Von seinem Doktorvater, dem Juristen Ralph Weber (55), war er dabei gedeckt, vielleicht sogar unterstützt worden.

Der Doktorvater ist AfD-Landtagskandidat

Wie gefährlich die beiden sind, geht daraus hervor, daß der Doktorand Kleidung der Marke „Thor Steinar“ trägt, der Doktorvater Landtagskandidat der AfD ist. Die Universitätsleitung wußte das, hat aber trotzdem nichts getan. Daß das Komplott der beiden aufflog, ist nur der Wachsamkeit des FAZ-Mitarbeiters Jochen Zenthöfer und seines Kollegen Thomas Thiel zu verdanken, der die Seite „Forschung und Lehre“ im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen gestaltet. Dort schützt er die Wissenschaft vor der Gefahr, die ihr von rechter Kleidung droht. 

Niemand hatte diese Gefahr bemerkt, genauso wenig wie die Bedrohung durch ein Interview, das Weber im November 2008 der JUNGEN FREIHEIT gegeben hatte (JF 48/08). Interviews hatten dieser Zeitung zwar auch Leute wie der SPD-Politiker Egon Bahr, Altbundespräseident Roman Herzog oder der Germanist Hans Ulrich Gumbrecht gegeben, unter dessen Ägide der frühere FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher promoviert worden war; ich, Konrad Adam, schreibe hier ja auch. Aber das macht die Sache nur noch schlimmer, den Kampf gegen Rechts um so dringlicher. 

„Der Geist steht links“, hieß es früher. Das hat zwar noch nie gestimmt, die FAZ war niemals links. Aber sie war geistreich, früher einmal. Auch das ist leider vorbei.