© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/16 / 15. April 2016

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Die Verleihung des Echo-Musikpreises in der Kategorie „Rock/Alternative National“ an die heitmatbewußte Südtiroler Rockband Frei.Wild, der ihre Kritiker eine „rechte“ Schlagseite nachsagen, hat zahlreiche aufgebrachte Reaktionen hervorgerufen. Den mit Abstand dämlichsten Kommentar dazu lieferte Jonas Leppin, Chef vom Dienst bei Spiegel Online. Noch schlimmer als den Preis für Frei.Wild empfand er die Reaktion des prominenten Publikums. Daß es – von vereinzelten Buhrufen abgesehen – schweigend-teilnahmslos blieb, statt sich zu empören und gegen die „fragwürdige Auszeichnung“ klar Stellung zu beziehen, sei beschämend. „Dabei wäre das der Zeitpunkt für die Künstler gewesen, sich zu erheben“, monierte Leppin. Nun, die Meinung bleibt dem Spiegel-Mann unbenommen. Was seinen Kommentar jedoch so verlogen macht und das ganze Elend linker Geisteshaltung zeigt, ist ein Detail seiner Betrachtung: So rüffelte er einerseits „üble Gesten in den Saal“ – gemeint ist der Stinkefinger, den Frei.Wild-Sänger Philipp Burger Kritikern der Band zeigte –, andererseits lobte Leppin den Sänger Bosse als „einzigen Lichtblick des Abends“, weil der während seines Auftritts beide Mittelfinger hob und dazu sang: „Und die hier gehen raus an alle Nazischweine.“ Merke: Es kommt darauf an, wer wem warum den Stinkefinger zeigt. Wenn zwei das gleiche tun, ist es eben noch lange nicht dasselbe! Philipp Burger erklärte zu seiner Geste, sie sei an drei Hip-Hopper gerichtet gewesen, „die neben uns saßen. Die sind schon bei der Auflistung der Nominierung aufgesprungen und haben gebuht. Wenn die uns ihre Meinung mitteilen, dann können wir das eben auch.“

Wer keine Freunde hat, muß nicht fürchten, daß sie einen verraten oder zu Feinden werden.

Fundgrube Facebook: „Nirgends würde so sehr die Wahrheit verklärt wie an offenen Gräbern und bei runden Geburtstagen. Sagt man. Wenn man sich den einen oder andern Parteitag anschaut, könnte man zu dem Ergebnis kommen, Geburtstagen und Beerdigungen werde Unrecht getan.“ Geschrieben hat das ein ehemaliger Berliner CDU-Finanzsenator vorigen Freitag, dem Tag, als die Hauptstadt-Union Frank Henkel mit 100 Prozent der Delegiertenstimmen zum Spitzenkandidaten seiner Partei für die Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September nominierte.

Siege oder Erfolge in einer dafür günstigen Situation zu erzielen, ist leicht. Die Kunst besteht darin, sie zu verstetigen.