© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/16 / 08. April 2016

Grüße aus Rom
Viva la Mamma
Paola Bernardi

Ehrfürchtig staunend stehen die Besucher aus aller Welt in den Kapitolinischen Museen in Rom vor der lebensgroßen Bronzefigur einer Wölfin, die Romulus und Remus, die mythischen Gründer der Stadt Rom, säugt. Es ist eine der meistbewachten Skulpturen dieser an Denkmälern so überreichen Stadt. Verschwindet sie, geht Rom unter, so sagt der Volksmund. Wie die Legende erzählt, gebar die Königstochter Rhea Silvia dem Kriegsgott Mars Zwillinge, obwohl sie als Vestalin der Keuschheit verpflichtet war. Rhea und die Säuglinge wurden in den Tiber geworfen, die Zwillinge ans Ufer geschwemmt. 

Die Brüder gründeten später eine Stadt und als Romulus seinen Bruder bei einem Streit tötete, wurde sie nach ihm benannt: Rom. Die „Lupa Romana“ (römische Wölfin) ist das am weitesten verbreitete Motiv schon seit der Kaiserzeit auf Münzen, Reliefs und Mosaiken. Auch Mussolini benutzte dieses Symbol zur Propaganda, und der Fußballclub Roma trägt dieses Emblem stolz auf seinen Trikots.

Melonis Kandidatur rief sofort die italienischen Machos à la Berlusconi auf den Plan.

Nun hat sich die rechtsnationale Politikerin Giorgia Meloni dieses Symbols bemächtigt: Die äußerst populäre Vorsitzende der Fratelli d’Italia will im Juni Bürgermeisterin von Rom werden. Und ihre Chancen stehen gut, denn sie wird sogar von der Lega Nord unterstützt. Roms Führungsposition ist seit einem dreiviertel Jahr verwaist, nachdem der linke Bürgermeister Ignazio Marino abgesetzt wurde. Während sich Silvio Berlusconi (Forza Italia) für seinen Vertrauten Guido Bertolaso, den früheren Zivilschutzchef, einsetzt – der allerdings unter Korruptionsverdacht steht –, machte die hübsche blonde Meloni ihm jetzt einen Strich durch die Rechnung und sorgte für Konkurrenz im rechten Lager. „Nach langen Überlegungen habe ich beschlossen, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren“, verkündete die 39jährige, die im sechsten Monat schwanger ist. 

Ihre Kandidatur rief sofort Italiens Machos auf den Plan. Es sei wohl jedem klar, daß eine „Mutter sich einem Job nicht so richtig hingeben könne“, erklärte Berlusconi und legte nach: „Wie kann man sich um Schlaglöcher und Müll kümmern, während man das Kind stillt?“ Dabei war Meloni in seiner Regierung Jugendministerin. 

Das war das Stichwort, auf das  Meloni scheinbar nur gewartet hatte. „Das Symbol Roms ist die stillende Wölfin“ schmetterte sie unter dem Beifall ihrer Anhänger vor dem Pantheon – und dabei sang sie „Viva la Mamma“.