© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/16 / 08. April 2016

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Kundige Thebaner
Paul Rosen

Was macht eigentlich Friedrich Merz? Der inzwischen 60 Jahre alte frühere CDU-Politiker galt als Hoffnungsträger der Konservativen in der Union. Wenn der brillante Redner Merz von „Leitkultur“ sprach, hielten Linke, Grüne, Sozialdemokraten, Liberale und eigene Parteifreunde den Atem an. Rhetorisch und intellektuell konnten sie alle gegen ihn nicht bestehen. Aber mit einer zusammen mit dem damaligen CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber fein gesponnenen Intrige fegte CDU-Chefin Angela Merkel den Sauerländer nach der Bundestagswahl 2002 aus dem Amt des Fraktionsvorsitzenden. Merz wechselte später in eine Rechtsanwaltskanzlei und verließ die Politik, ohne seine Kontakte in die Berliner Szene aufzugeben. 

In Berlin dürfte er sich bald wieder öfter blicken lassen. Merz, der das Steuersystem drastisch vereinfachen wollte („Bierdeckelerklärung“), verdingte sich bei der amerikanischen Fondsgesellschaft „Blackrock“. Mit einem Anlagevolumen von 4,6 Billionen Euro weltweit die größte Firma dieser Art. Fonds wie von Blackrock, aber auch von Deka, Uni, DWS und anderen sind derzeit der Renner an den Bankschaltern, weil es auf den klassischen Sparbüchern und für Tages- und Festgelder so gut wie keine Zinsen mehr gibt. Fonds versprechen dagegen Wertzuwächse durch Kursgewinne und Dividenden. Die Produkte von Blackrock & Co. sind für Banker die letzten Hoffnungsträger im dürren Privatkundengeschäft. Und hier winken dicke Provisionen und Verwaltungsgebühren. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, daß nach Merz ein zweiter bekannter Name in der Fondsbranche auftaucht: Jörg Asmussen wird Verwaltungsrat von „Generali Investments“, dem Fondsbereich des italienischen Versicherers.

SPD-Mann Asmussen (49) begann seine Karriere im Bundesfinanzministerium, wo er als Abteilungsleiter für die Finanzinnovationen zuständig war, an denen die halbstaatliche Düsseldorfer Industriekreditbank (IKB) zugrunde ging. IKB-Aufsichtsratsmitglied Asmussen wollte jedoch von den gewagten Finanzgeschäften nichts gewußt haben. Als die IKB für zehn Milliarden Euro vom Staat gerettet werden mußte, hieß es in Berlin, in Wirklichkeit sei Asmussen gerettet worden, der bis heute zur SPD-Personalreserve zählt und sich gerade im vorgezogenen Ruhestand befindet. 

Das Gedränge bei den Fonds wundert nicht. Offenbar mit tatkräftiger Unterstützung der Finanzbranche hat das Finanzministerium einen Gesetzentwurf vorgelegt, der für Aktienfonds eine Steuerfreiheit der Dividenden von 30 Prozent vorsieht (die Unternehmen werden im Gegenzug teilweise körperschaftsteuerpflichtig). Da sind die Werbeaushänge an den Bankfilialen schon zu ahnen: „Jetzt Dividenden steuerfrei kassieren“ oder „Aktienfonds mit Steuerbonus“. Erfahrungsgemäß schalten viele Deutsche den Verstand aus, sobald das Wort „Steuerersparnis“ auftaucht. Es winken Milliardengeschäfte. Der Gesetzentwurf muß noch durch Bundestag und Bundesrat, ein oft schwieriger Prozeß, bei dem kundige Thebaner wie Merz und Asmussen hilfreich wirken können.