© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/16 / 01. April 2016

Eduard von Habsburg vertritt Ungarn beim Vatikan – und ist begeisterter Twitter-Nutzer.
Der Botschafter
Christian Vollradt

Auf dem Foto sitzen sich zwei Männer gegenüber. Der eine ganz in Weiß, der andere im schwarzen Frack. Der eine als Nachfolger Petri Bischof von Rom und Oberhaupt der katholischen Kirche, der andere Nachfahre von Kaisern des Heiligen Römischen Reiches. Doch so historisch aufgeladen das Zusammentreffen der beiden im Bild sein mag, so aktuell und gegenwartsbezogen ist es tatsächlich. Denn Papst Franziskus – in Weiß – hat seinen Gast – in Schwarz – in dessen Funktion als neuer Botschafter Ungarns am Heiligen Stuhl empfangen. Dessen Name: Eduard (von) Habsburg-Lothringen. 

In gewisser Hinsicht ist der 49jährige der erste aus dem ehemaligen Herrscherhaus, der Budapest bei einem Staat vertritt; sein Cousin Georg war zuvor bereits Botschafter Ungarns bei der EU. Daß das nicht ganz unheikel ist, weiß Eduard Habsburg. Denn der Name seiner Familie habe nicht immer einen guten Klang im Lande gehabt, und die „Ungarn denken sehr historisch“, wie er in einem Interview einräumte: In der Revolution von 1848 hatten die Habsburger das ungarische Freiheitsstreben unterdrückt. Den ungarischen Brauch, im Gedenken daran mit Biergläsern nicht anzustoßen (wie es die Sieger getan hatten), hat Habsburg schon länger übernommen.

Bestünde die k.u.k Monarchie noch, so hätten ihm zwar ein Schloß sowie die Titel Kaiserlicher Prinz und Erzherzog von Österreich, Königlicher Prinz von Ungarn und Böhmen zugestanden; als Teil der ungarischen Linie des Hauses hätte er aber schon ein Blutbad unter den Verwandten anrichten müssen, um je auf den Thron zu kommen, wie er einmal scherzhaft bemerkte.

In der Republik stand ihm eine andere Karriere offen: Dem Abitur in seiner Geburtsstadt München und der Zeit als Reserveoffizier der Bundeswehr folgte ein Studium der Philosophie, das er mit einer Promotion über den Neo-Thomismus abschloß. 

Bereits in seinem Amt als Bischofssprecher in der österreichischen Diözese St. Pölten von 2009 bis 2014 war Habsburg die Vermittlung zwischen Tradition und Gegenwart ein Herzensanliegen: modern die Übermittlung – gern via Twitter –, konservativ die Botschaft. So verfuhr der Autor von Drehbüchern und Romanen („Die Reise mit Nella“, „Lena in Waldersbach“) auch in einer Doku-Serie „Wo Grafen schlafen“, bei der er unterhaltsam durch verschiedene Schlösser in Deutschland und Österreich führte – und dabei die Freude wie Last schilderte, die solch ein Erbe mit sich bringt. 

Ähnliches kennt Etagenbewohner Habsburg als Vater von sechs Töchtern: „Großfamilie ist, wenn vier deiner Kinder zugleich in voller Lautstärker versuchen, die Arie der Königin der Nacht zu singen – beim Essen“, twitterte er jüngst amüsiert. Eine Kurznachricht belegt auch, wie begeistert der diplomatische Quereinsteiger nun in Rom ist: „Und dann fährst du abends an der beleuchteten Engelsburg vorbei und denkst ... wow. Ich darf hier sein.“