© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/16 / 18. März 2016

Blick in die Medien
Viel Kauderwelsch
Tobias Dahlbrügge

Genosse Volker Kauder, Mitglied des Politbüros, hat … Verzeihung, falsche Zeitleiste. Unions-Fraktionschef Volker Kauder, Mitglied des Bundestages, hat die Medien aufgefordert, „sich mehr denn je als ‘Stiftung Wahrheitstest’ im Alltag der Demokratie (zu) verstehen.“ 

Zunächst rechnet Kauder mit feindlich-negativen Elementen in „der Gerüchtewelt“ des Internets ab: Wir lebten leider in Zeiten, in denen „sich Gerüchte im Internet überschlagen“, „wo jeder alles behaupten“ könne und im Netz auch noch eine Plattform für „tausendfache Verbreitung“ finde.

„Pack“ oder „Mischpoke“ sind nicht von anonymen Internet-Trollen

geäußert worden, oder? 

„Alle“ (!) habe Ernüchterung befallen bei der Frage, ob die Gesellschaft durch soziale Netzwerke „in einer besseren Medienwelt“ angekommen sei. Es werde „beleidigt, gedroht und gelogen, daß sich die Balken biegen“, denn die Anonymität habe „die Hemmschwellen über Beleidigungen, üble Nachrede und Verleumdungen rapide sinken lassen“. Hm, „Pack“ oder „Mischpoke“ sind nicht von anonymen Internet-Trollen geäußert worden, oder?

„Ganz offensichtlich soll über soziale Medien Stimmung gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung gemacht werden“, so Kauder. Das darf nicht sein. Aber zum Glück gibt es ja „Qualitätsmedien“! Sie seien „als unabhängige Instanzen gefragt, die mit professioneller Distanz den Dingen auf den Grund gehen“. Unabhängig? Professionell? Distanz?!

Kauders Profis der Wahl sind die klassischen Zeitungsverlage. Sie sollen verhindern, „daß unsere Demokratie Schaden nimmt, weil in der Öffentlichkeit immer mehr Unfug verbreitet wird, ohne daß dies einer widerlegt“. Dafür sei ihnen auch „die Sympathie der allermeisten Politiker“ gewiß. Aus Dankbarkeit werde die Politik „bei neuen Gesetzesvorhaben darauf Rücksicht nehmen, daß sich die Branche im Umbruch befindet“, so beim Mindestlohn für Zeitungszusteller und beim Urhebervertragsrecht. Toll, diese Unabhängigkeit.