© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/16 / 18. März 2016

CD-Kritik: Franz Schubert / Mauro Peter
Gefühlslegato
Jens Knorr

Schubert war 31 Jahre alt, als er starb, der Tenor Mauro Peter war 28 Jahre alt, als er sein erstes Album einsang, und hat nicht vor, mit 31 Jahren zu sterben. Es gehört Mut dazu oder Chuzpe oder beides, nicht mit irgendwelchen Liedern zu debütieren, sondern gleich mit 19 von Franz Schuberts Goethe-Vertonungen. Hatte Goethe das ihm zugesandte Notenkonvolut ignoriert, so zeigte er sich in späteren Jahren zugleich angezogen und abgestoßen davon, daß und wie Schubert die Tiefenschichten der Gedichte in den Notentext gehoben hatte. 

Ein frisches und unvoreingenommenes Herangehen könnte einige der aus- und überinterpretierten Lieder durchaus neu zum Sprechen bringen, und Peter gelingt das durchaus. Sein lyrischer Tenor klingt erdig, in der Höhe das eine ums andere Mal im lieblichen Morgenwinde leicht schaukelnd, auch aufgerissen, ohne aber daß ihm die Linie zerflatterte.

Des Sängers bestes „Gefühlslegato“ kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß er in den „Gesängen des Harfners“ oder „Wandrers Nachtlied“ an Selbsterfahrung und Selbstoffenbarung des Komponisten noch nicht anzudocken weiß. Die Aufnahme ist mehr als eine hörenswerte Talentprobe, schert aber aus dem, was der Kunde im gehobenen Preissegment erwarten darf, nicht aus. Sie kommt für den Sänger zu früh, wenn auch nicht viel.

Schubert Goethe-Lieder Mauro Peter, Helmut Deutsch Sony Classics, 2015  www.mauropeter.com