© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/16 / 11. März 2016

Dorn im Auge
Christian Dorn

Eigentlich wäre die diesjährige Reise- und Tourismusmesse ITB, die vom 9. bis 13. März in Berlin stattfindet, der richtige Ort, um Alternativen für die Balkanroute anzubieten, etwa beim Anbieter „Past & Present Journeys“ (Halle 1.2, Stand 214), dem Spezialisten für Balkan-Rundreisen. Mal sehen, ob dieser in seinem B2B Katalog „Albanien und Balkan“ hier Pionierarbeitet leistet, nachdem die jüngste Rückrufaktion (unter der Schlagzeile „Türkei nimmt Flüchtlinge zurück“) angekündigt wurde.

Angesichts der unglaublichen politischen Entwicklung erscheint mir kaum noch etwas unmöglich – wie den Willkommensklatschern und Flüchtlingshelfern, die glauben, daß „das“ alles zu schaffen sei. Da will die Kunst des Brückenbauens geübt sein. Wie schwierig, doch ungeheuer unterhaltsam dies sein kann, demonstriert der kleine rororo-Band „Ein Araber und ein Deutscher müssen reden“ von Hamed Abdel-Samad und Hans Rath. Zu dessen Premiere in der Buchhandlung Uslar & Rai freut sich der Inhaber, daß „Hans und Hamed“ hier zusammen erschienen, denn das sei so, „wie Sigmar Gabriel und Horst Seehofer unter einen Hut zu bringen“.

Drehbuchautor Rath kokettiert: „Ich bin der Typ, der locker durch die Hose atmet, ich muß nicht akademisch korrekt sprechen.“ Dafür aber politisch. Sichtlich beeindruckt von sich selbst, verkündet er mit Blick auf die „Flüchtlinge“: „Arabische Männer, die auf andere arabische Männer stehen – welcome!“ Während Rath die westliche Kultur der Selbstkritik preist, an der sich die hier ankommenden Muslime ein Beispiel nehmen sollten, etwa „die eigene Kirche zu kritisieren“, beißt er sich plötzlich auf die Zunge: Nein, „damit meine ich nicht, beleidigende Karikaturen zu veröffentlichen.“

Implizit beleidigt er damit seinen Co-Autor Abdel-Samad, der wegen bestehender Todes-Fatwas an diesem Abend von einem halben Dutzend Personenschützern begleitet wird. Abdel-Samad hatte zuvor bekannt, er habe inzwischen „besser verstanden, Leute zu verstehen, die nur im Elfenbeinturm leben und die Leute auf der Straße nicht verstehen“. Nachdem er mehrfach in deutlichen Worten die Kanzlerin kritisiert hat (etwa: „Ich glaube, Frau Merkel hat noch nicht einmal einen Plan A“), richtet sich sein Partner Rath ans Publikum: „Also für Sie: Ich bin der Deutsche, nicht Hamed“. Er, so Rath, fände Merkels Akt (der Grenzöffnung) „humanitär alternativlos“. Darauf Hamed Abdel-Samad: „Ich kann das Wort nicht mehr hören.“