© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/16 / 11. März 2016

Soll man mit dem Heizölnachkauf noch warten?
Paradiesische Zeiten
Thomas Fasbender

Paradiesische Zeiten für Heizölkäufer: Verglichen mit 2014 liegen die Preise bei fast der Hälfte. Soll man mi der nächsten Order noch warten? Allmählich macht sich in den ölproduzierenden Ländern Nervosität bemerkbar. Im Februar haben sich Rußland und Saudi-Arabien im Golfstaat Katar auf Obergrenzen bei der Förderung festgelegt. Herausgekommen ist zwar keine Reduzierung – die Meßlatte ist der Rekordmonat Januar 2016 –, dennoch ist es die erste derartige Vereinbarung zwischen Moskau und Riad überhaupt. Am Tag darauf verhandelten die Energieminister aus Saudi-Arabien, dem Irak und dem Iran zum gleichen Thema. Auch Katar und Venezuela haben sich angeschlossen.

Der Irak fördert derzeit die Rekordmenge von 4,3 Millionen Faß am Tag, um den Krieg gegen die Terrorgruppe IS zu finanzieren. Wenn Libyen aus dem Chaos erwacht, kommen auch von dort zusätzliche Mengen. Den Schlüssel für erfolgreiche Mengenabsprachen hat derzeit Teheran in der Hand. 2015 hat der Iran täglich 1,1 Millionen Faß Öl exportiert; vor den – inzwischen aufgehobenen – Sanktionen waren es 2,2 Millionen. Im Februar wurden bereits 1,4 Millionen täglich exportiert. Mindestens 30 Millionen Faß sollen zudem in schwimmenden Tankern gebunkert sein. Ohne Kooperation aus Teheran sind alle Vereinbarungen der Russen und Saudis für die Katz.

Nicht nur in Venezuela, Nigeria und Rußland zeigt die Niedrigpreispolitik der Saudis Wirkung – in den USA melden die großen Fracking-Unternehmen für 2015 zweistellige Milliardenverluste. Dutzende von Bohrlöchern werden stillgelegt, Kosten und Investitionen gekappt. Im vergangenen Monat gab der saudische Energieminister das Stichwort: „Es ist Zeit, daß die kostenintensiven Produzenten sich zurückziehen.“ Noch liegt die US-Förderung auf Rekordniveau; gleichzeitig sind die dort gebunkerten Bestände so hoch wie seit acht Jahrzehnten nicht mehr: über 500 Millionen Faß. 

Vor fünf Jahren lag die weltweite Rohölnachfrage noch sechs Prozent über dem Angebot. Heute ist das Verhältnis fast ausgeglichen. Zurückgegangen ist der Bedarf in Japan, Westeuropa und den USA – das Resultat aus Investitionen in Energieeffizienz und Klimaschutz kombiniert mit schwächelndem Wachstum. In Asien steigt die Nachfragekurve noch, wenn auch im Vergleich zur Vergangenheit leicht abgeflacht.

Geht man von einer Phase der Sättigung nach zwei Boom-Jahrzehnten der Globalisierung aus (wofür auch die Nachfrageentwicklung bei anderen Rohstoffen spricht), so scheint eine Phase gemäßigter Ölpreise bis mindestens 2020 als realistisch. In Rußland, dessen Staatsetat erheblich vom Öl- und Gasexport abhängt, entwickelt man mittelfristige Szenarien mit Preisen von 50 bis 60 US-Dollar je Faß. Den Heizölkäufer erwartet also kein steiler Preisanstieg – was kurzfristige Volatilität aber nicht ausschließen soll.