© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/16 / 04. März 2016

Umwelt
Bärendienst für Bienen
Bernd Rademacher

Die Honigbienen sind lebenswichtig für unsere Natur, denn durch ihre natürliche Bestäubung sichern sie Ernteerträge und Habitate für andere Tiere. Doch wachsende Pestizideinträge und mysteriöse Seuchen gefährden die Bienenvölker. Als Reaktion auf entsprechende Medienberichte hat sich ausgerechnet in Großstädten unter urbanen Öko-Fans die Hobby-Imkerei als Trend etabliert. Nach „Urban Gardening“ mit selbstgezimmerten Beet-Kisten ist Bienenhaltung der letzte Schrei unter den Hipstern.

Der „Apisticus-Tag“, die Fachmesse für Imker und Bienenforscher, hat diesem Phänomen einen Vortrag gewidmet. Die Bienen-Veranstaltung (apis = die Honigbiene) fand zum 25. Mal statt und zog über hundert deutsche und niederländische Fachleute an. In jedem Jahr wählt eine Jury den „Apisticus des Jahres“.

Die unmittelbare Nachbarschaft fremder Bienenvölker führt zu Unfrieden und Unruhe.

Auf dem Fortbildungsforum im westfälischen Münster äußerte sich die Berliner Nabu-Biologin Melanie von Orlow überraschend kritisch: Sie bezeichnete die boomende Stadtimkerei als „Bärendienst“.

Die gutmeinenden Städter würden zwei Probleme übersehen: Erstens führe die unmittelbare Nachbarschaft fremder Völker zu Unfrieden und Unruhe. Zweitens begünstige die hohe Dichte der Hobbyimker die Ausbreitung von Bienenkrankheiten. Zudem mangele es an Bienenvölkern nach wie vor im ländlichen Raum, nicht in den Ballungszentren. Es fehle nicht an Bienen, sondern den Bienen an Blüten. Durch Wabenkästen im Hinterhof sei für den Bienenbestand leider nichts gewonnen.

Die Bienenkundler kamen zu einem anderen Lösungsvorschlag: Um den Bienen bessere Bedingungen zu schaffen, sollten die Bürger in Kooperation mit Gemeinden und Imkern lieber Brachen, Böschungen, Verkehrsinseln, Wegränder und kommunale Grünflächen mit geeigneten Blütengehölzen bepflanzen.