© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/16 / 04. März 2016

CD-Kritik: Billboard MCs
Zeremonienmeister
Sebastian Hennig

Ob eine Entstehungsgeschichte nur ausgedacht ist, rückt angesichts des Ergebnisses in den Hintergrund. Das Debüt-Album der Billboard MCs behauptet, auf das Wirken eines Rappers aus dem Vereinigten Königreich zurückzugehen, der vor zwanzig Jahren in Hamburg Fuß fassen wollte. Bevor sich seine Spuren wieder ins Ungewisse verlieren, hat er mit dem Tontechniker Bente Koch in dessen Studio eine Reihe Rocksongs gebastelt. Am nächsten Morgen sind außer dem britischen Zeremonienmeister mit dem Namen des größten anglophonen Musikmagazins auch die gemeinsam ertüftelten Bänder weg. Doch Jahre später tauchen die verlegten Schätze beim Aufräumen unvermutet wieder auf. Eine derart hübsche Geschichte muß höflich geglaubt werden.

Koch ruft also vier Kollegen zusammen, setzt sich ans Schlagzeug, und sie spielen in wenigen Sessions zwölf Titel für das Album „Blow Town Blues“ ein. Die Becken scheppern spitz, und die Trommel klackt trocken. Die Akustik ist mindestens so retrograd wie bei Franz Ferdinand. „Neutron Bomb“ kommt sphärisch verzogen mit zitternd verzerrter Gitarre daher, inklusive Hintergrundgesang, der wie aus alten Kohlemikrofonen klingt. Die Gitarren dürfen wirr heulen und wimmern, wenn nur Baß und Schlagzeug den Rahmen halten. Die bornierte Zuverlässigkeit eines Keyboards zügelt die Wildheit.

Billboard MCs Blow Town Blues Billboard, 2015  www.billboardmcs.de