© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/16 / 04. März 2016

Richard Branson. Der Milliardär steht in der Tradition des britischen Exzentrikers
Auf ins All!
Wolfgang Kaufmann

Der Mann handelt mit Büchern, Heißluftballons, indischen Comics, Kosmetik, Wodka, Blumen, Schmuck, Wein und Bekleidung. Darüber hinaus gehören ihm auch noch Flug- und Eisenbahngesellschaften, Fitneßstudios, Online-Casinos, Luxushotels, Mobilfunkanbieter sowie eine Agentur für die Aufbewahrung von Stammzellen Neugeborener. 

Die Rede ist von dem britischen Milliardär Richard Branson, der, 1950 in London geboren, auf einer eigenen Insel der karibischen Virgin Islands – zu deutsch Jungferninseln – lebt. Daß der umtriebige Unternehmer gerade dort residiert, hängt nicht zuletzt mit seinem Faible für den Begriff „Virgin“ zusammen: alle Unternehmen Bransons tragen diesen Namen, nachdem er 1973 dank des damaligen Talentwunders Mike Oldfield mit der Plattenfirma Virgin Records seine ersten Millionen machte.

Branson liebt aber nicht nur das Geldverdienen, sondern ebenso das Abenteuer. So überquerte er 1987 und 1991 jeweils als erster Atlantik und Pazifik im Heißluftballon. Der Versuch einer Ballon-Erdumrundung 1998 scheiterte allerdings. Dennoch war Branson auf den Geschmack gekommen und wollte noch höher hinaus – in den Weltraum.

Dazu tat er sich mit Burt Rutan zusammen, Vater des ersten Non-Stop-Weltumrundungsflugzeuges „Voyager“, der auch das erste private Raumschiff „SpaceShipOne“ konstruierte. 2004 gelang es dem, in 112 Kilometern Höhe in den Kosmos vorzustoßen. Beide gründeten die Spaceship Company, eine Tochter von Virgin Galactic, um „SpaceShipTwo“ zu entwickeln (dessen Modell Branson in unserer Zeichnung hochhält), das sechs Touristen befördern soll. 

Allerdings müssen die Anwärter auf einen solch kommerziellen Raumflug, darunter Hollywoodstar Leonardo DiCaprio, noch Geduld haben. Denn der Prototyp „Enterprise“ stürzte 2014 ab, der Co-Pilot kam ums Leben. Nun ist gerade der Nachfolger aus der Montagehalle in Kalifornien gerollt: „Unity“ – zu deutsch „Eintracht“. Der Name ist eine Idee des Physikers Stephen Hawking, dem Branson einen Freiflug versprochen hat. Wann der erste Passagier transportiert werden wird, steht aber noch in den Sternen, zunächst erfolgen umfangreiche Tests. 

Wenn es soweit ist, wird Branson erklären müssen, wie sich die reichlich Kohlendioxid produzierenden Raumflüge für Bestbetuchte mit seinem Einsatz für das Klima vertragen. Aber hier hat der Brite den Mund ohnehin zu voll genommen: So blieb sein Versprechen, drei Milliarden Dollar in erneuerbare Energien zu investieren, bisher unerfüllt. Und vielleicht verfolgt der sprunghafte Branson, der als Kind unter Legasthenie litt, auch bald schon neue Ziele. Immerhin liebäugelte er bereits damit, an Bord seines Tauchbootes „Virgin Oceanic“ zu den tiefsten Punkten der Weltmeere vorzustoßen.