© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/16 / 19. Februar 2016

Artgerecht muß es sein
Ernährung: Fleischessen mit mehr Bewußtsein
Heiko Urbanzyk

Mehr als ein Dutzend Ernährungsratgeber und Kochbücher gehen auf das Konto der Ernährungswissenschaftlerin und Diplom-Biologin Andrea Flemmer. „Tierschutz mit Messer und Gabel“ ist das erste Sachbuch, in dem Flemmer gesundes Essen mit Mißständen in der Tierhaltung in Verbindung bringt. Das Buch soll aufzeigen, daß Nutztiere tierfreundlich gehalten werden können. Genuß von Eiern, Käse und Fleisch ohne schlechtes Gewissen? In Zeiten einer wachsenden Veganer-Gemeinde provokativ!   

Im Vorwort mahnt die prominente Fernsehköchin Sarah Wiener: „1.094 Tiere ißt jeder und jede Deutsche im Leben. Wie sie gelebt haben, ob sie gelitten haben, danach fragen nur wenige Verbraucher.“ Um die gute Lebenshaltung von Nutztieren geht es Flemmer. Hierin unterscheidet sich ihre Argumentation maßgeblich vom aktuellen Vegan-Trend. Fleischessen und der Verzehr tierischer Produkte sind für sie kein Tabu. Es kommt darauf an, ob das Leben dieser Nutztiere vorher lebenswert war. 

„Daß Fleisch mittlerweile zu den billigsten Lebensmitteln zählt, ist bekannt. (…) Daß man für dieses Geld kein Tier gut behandeln kann, sondern als Massenware hält – mit allen Konsequenzen, die dies zur Folge hat, ist jedem klar, der einmal ernsthaft darüber nachdenkt.“ Verbraucher würden nicht verstehen, daß weniger Fleisch aus besserer Haltung – wenn für sie schon nicht das Tierwohl zählt – für sie gesünder sei, als der tägliche Verzehr von Billigware. Ein Beispiel sei das Problem der zunehmenden Antibiotikaresistenz infolge der ungehemmten Verabreichung von Medikamenten in der Hochleistungstierzucht. 

Flemmer hält es aus ernährungswissenschaftlicher Sicht nicht für nötig, Fleisch zu essen. Den Appetit darauf verdirbt sie den Lesern aber nicht. Artgerecht muß es sein und in Maßen. Alternativen werden durch das Vorstellen einiger Tierschutz-Marken und Tierschutz-Initiativen vorgestellt. Skandale im Ökolandbau nimmt Flemmer zur Kenntnis, vertieft sie aber nicht: „Selbstverständlich sind die Biobauern keine Heiligen. (...) Doch was bei den Skandalen oft kritisiert wird, ist in der konventionellen Tierhaltung Standard.“ Bio biete keine hundertprozentige Sicherheit, sei aber das Beste, was wir derzeit hätten.

Andrea Flemmer: Tierschutz mit Messer und Gabel. Spurbuchverlag, Baunach 2015, gebunden, 288 Seiten, Abbildungen, 29,80 Euro