© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/16 / 29. Januar 2016

Frisch gepresst

Mädchen im Netz. Auf den ersten Blick scheint es ein typisches Buch für junge Mädchen zu sein; perfekt mit Schminktips und einer Anleitung, das vorteilhafteste Selfie-Foto zu schießen. Aber vom knallpinken Einband sollte sich niemand täuschen lassen: „Mädchen im Netz“ ist eine gut recherchierte Analyse modern inszenierter Mädchenfreundschaften. Als einer der ersten hat Martin Voigt das Online-Phänomen der ABFFL, also der „allerbesten Freundin fürs Leben“, in den sozialen Netzwerken erforscht. Er erklärt anhand seiner Recherche ein scheinbar überzogenes Verhalten, das vielen (die nicht in diesem Alter sind) völlig fremd ist: „nie wieder ohne dich“, „ich liiiiiiebe dich soooooo sehr“, „ich will dich niiiiie verlieren“. Unentwegt werden Bilder mit der besten Freundin ins Internet hochgeladen und exzessiv kommentiert. Der Jugendforscher zeigt gleichzeitig aber auch die Verbindung zu gesellschaftlichen Veränderungen auf. Kinder verbringen heutzutage, dank Ganztagseinrichtungen, mehr Zeit mit Gleichaltrigen als mit der Familie. Die überschwenglichen Liebesbekundungen sind für Voigt deshalb nicht nur vergängliche Verhaltensmuster, sondern ein Hilfeschrei nach emotionaler Zuwendung. (eh)

Martin Voigt: Mädchen im Netz: süß, sexy, immer online. Springer Spektrum Verlag, Heidelberg 2016, broschiert, 240 Seiten, 14,99 Euro




Rußlandkrieg. Um Craig Luthers Darstellung der ersten Phase des Krieges gegen die Sowjet-union lesen zu können, benötigt man eine solide Unterlage. Denn es handelt sich um ein drei Kilo wiegendes Werk im Großformat, das niemand lange in der Hand halten kann. Sein mit vielen seltenen Fotografien ausgestattetes „Barbarossa“-Epos, das für die Zeit vom Angriffstag am 22. Juni 1941 bis zum Festfahren der Offensive, im Dezember 1941 im russischen Winter, fast 700 Seiten benötigt, beeindruckt jedoch nicht allein durch die schiere Masse an Bildern und Karten. Luther hat auch qualitativ etwas zu bieten, nämlich eine im Gegensatz zu deutschen, auf diesem Forschungsfeld unweigerlich ins Moralisieren abgleitenden Militärhistorikern, eine weitgehend nüchterne, mitunter zu kleinteilige und faktenhubernde Vergegenwärtigung einer welthistorischen Auseinandersetzung. (dg)

Craig W. H. Luther: Barbarossa Unleashed. The German Blitzkrieg through Central Russia to the Gates of Moscow. Schiffer Publishing, Atglen 2015, gebunden, 712 Seiten, Abbildungen, 59 Euro