© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/16 / 22. Januar 2016

Besser als Gold
Wim Bledon beschreibt, wie organisierte Netzwerke beim Handel mit Fußball- oder Konzerttickets Kasse machen
Henning Hoffgaard

Dezember 2014. Nur noch wenige Minuten, dann ist es soweit. Der Vorverkauf für das AC/DC-Konzert in Berlin beginnt. Auch einige Redakteure der JUNGEN FREIHEIT haben es sich zum Ziel gesetzt, die begehrten Karten zu ergattern. Um Punkt 16 Uhr beginnt der Tickethandel im Internet. Jetzt heißt es schnell sein. Innerhalb weniger Minuten sind Zehntausende Tickets verkauft. Schweißgebadet sitzen die JF-Mitarbeiter vor ihren Computern und klicken immer wieder „Kaufen“. Die Server des Anbieters Eventim sind da allerdings längst in die Knie gegangen. Nach kurzer Zeit ist das Olympiastadion ausverkauft. Wer bis dahin kein Ticket ergattert hat, muß sich entweder auf dem Schwarzmarkt umschauen oder hoffen, daß sich auf eBay noch einige Karten finden. Ein Schicksal, das den JF-Mitarbeitern in diesem Fall erspart blieb.

„Eintrittskarten sind Wertpapiere“

Was allerdings kaum jemand weiß: Hinter jedem größeren Konzert, hinter jedem wichtigen Fußballspiel versteckt sich eine Ticket-Mafia, auch wenn diese nicht so genannt wird. Zumindest wenn Wim Bledon recht hat. Der unter Pseudonym schreibende Autor hat jüngst das Buch „Schwarzmarkt Tickethandel – Ein Dealer packt aus“ vorgelegt. Detailliert beschreibt er darin, wie sich bestens organisierte Netzwerke aber auch einzelne Glücksritter große Mengen an Tickets sichern und diese dann zu horrenden Preisen wieder verkaufen. „Eintrittskarten sind Wertpapiere“, behauptet Bledon.

Detailliert beschreibt er das Vorgehen der Ticket-Dealer. Innerhalb von wenigen Minuten werden große Kontingente von Karten über Deckadressen, Verwandte oder Kontakte in den Ticketfirmen aufgekauft. Wer, wie bei AC/DC im vergangenen Jahr, es nicht geschafft hat, sich die begehrte Ware zu sichern muß dann wohl oder übel auf die Weiterverkäufer setzen und deutlich mehr Geld ausgeben. Die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis verbleibt beim „Reseller“. Er kann unter Umständen das Geschäft seines Lebens machen.

Vor allem einmalige Großereignisse und des Deutschen liebster Sport stehen im Visier. Gerade König Fußball verspricht große Gewinnmargen. Natürlich nicht jedes Spiel. Das Interesse an der Partie Erzgebirge Aue gegen den 1. FC Saarbrücken hält sich aus guten Gründen in Grenzen. Hier wird kein Ticket-Dealer einsteigen. Anders sieht es dagegen bei Schalke gegen Dortmund oder dem DFB-Pokalfinale aus. Hier sind die Fans bereit, hunderte Euro auszugeben, um dabei zu sein. Und es schlägt die Stunde des Schwarz- und Graumarktes. Aufkaufen, verkaufen und danach vor Glück besaufen. Selbst bei Tickets, die auf einen bestimmten Namen registriert sind, findet sich noch ein dümmst anzunehmender Käufer. Der kommt damit zwar nicht ins Stadion, ist aber ein paar hundert Euro ärmer.

Wim Bledon: Schwarzmarkt Tickethandel. Ein Dealer packt aus. Panda Verlag, Frankfurt am Main 2015, broschiert, 304 Seiten, 14,99 Euro