© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/16 / 15. Januar 2016

„Schöner Beruf!“
Video-Wettbewerb „Clip my farm“: Stadtmenschen zeigen, daß Bauer sein cool ist
Christian Vollradt

Kühe auf der Weide, Kühe im Stall, ein fressendes Tier in Großaufnahme. Dazu ruhige Klaviermusik und Streicher. Dann streift die Kamera über Getreideähren, im Hintergrund fährt ein Traktor. Wieder Schnitt. Zwei junge Frauen schlendern in den Kuhstall, dann sieht man sie am Melkstand. Aus dem Off stellen sie sich dem Zuschauer vor: „Wir sind Wencke und Merle, kommen aus Nordfriesland und sind 18 und 19 Jahre alt.“ In ihrem knapp vierminütigen Video geben die beiden Freundinnen Einblick in ihre Arbeit. Dazu gehört Geburtshilfe beim Kalben genauso wie das Treckerfahren. Der Film ist einer von rund 50, die in diesem Jahr zum Wettbewerb „Clip my farm“ eingereicht wurden. 10.000 Euro Preisgeld winken dem Siegerbeitrag, den eine Jury bereits ausgewählt hat und der an diesem Freitag zu Beginn der Grünen Woche in Berlin bekanntgegeben wird.

Das Volk hat kaum noch Bezüge zu Landwirten

„Land.Leben.Leidenschaft.“, so das diesjährige Motto. Ziel des Wettbewerbs, der zum dritten Mal stattfindet und maßgeblich von zwei Landtechnikherstellern, dem Pflanzenschutzproduzenten Bayer sowie dem Landwirtschaftsverlag in Münster organisiert wird, ist es, auf unterhaltsame Weise das Image der grünen Berufe zu verbessern. Denn das Klischee vom geistig etwas minderbemittelten Bauern, der einer eher anspruchslosen, dafür um so mehr mit Dreck und Gestank verbundenen Tätigkeit nachgehe und an Frauen nur schwer vermittelbar wäre, feiert dank quotenbringenden Formaten wie „Bauer sucht Frau“ fröhliche Urständ. Daß dort nicht die Wirklichkeit beschrieben wird, mögen manche Zuschauer ahnen. Wie aber sieht die Realität in der heutigen Landwirtschaft aus – auch jenseits gängiger Vorurteile (Umweltverschmutzung, Massentierhaltung) oder agrarromantischer Verzerrungen? Wer kennt noch persönlich einen „richtigen“ Bauern?

Mit dem tiefgreifenden Strukturwandel sind Landwirte in Deutschland zu einer gesellschaftlichen Minderheit geworden, zu deren beruflicher Tätigkeit die Mehrheit kaum noch einen Bezug hat. „Die Verbraucher verstehen die Landwirte nicht mehr, und die Landwirte verstehen die Verbraucher nicht“, so eine verbreitete Feststellung. Den „Stadtmenschen zu helfen, wieder mehr Bezug zu ihren Lebensmitteln zu bekommen. Daß sie wissen, wo was herkommt“, ist erklärtermaßen eine Intention des Projekts.

„Die Leute fragen mich: ‘Wie, du willst Bauer werden?!’ Wie die Leute so was anzweifeln können, so ‘nen schönen Beruf!“, gibt in einem der Videos ein junger Mann seine Erlebnisse wieder. Mit „Clip my farm“ soll vor allem der landwirtschaftliche Nachwuchs den Beruf für junge Leute schmackhaft und das Leben im ländlichen Raum nachvollziehbar machen. Das kann auf ganz unterschiedliche Weise geschehen. Mal wird auf filmisch hohem Niveau vor allem die technisch anspruchsvolle und abwechslungsreiche Praxis mit der Kamera eingefangen; Landwirte als „Dirigenten von Natur und Technik“, so das Motto eines preisgekrönten Videos aus dem vorherigen Wettbewerb.

Mal wird eher die Stimmung des Lebens auf dem Land eingefangen und dem hektischen Getriebe in der Stadt gegenübergestellt. „Zuhause“ lautet etwa der Titel eines Beitrags, in dem das Umfeld des bäuerlichen Familienlebens mit mehreren Generationen im Vordergrund steht. Mal wirkt der Film in erster Linie erklärend, zum Beispiel, warum Pflanzenschutz notwendig ist.

Im eingangs erwähnten Video von Wencke und Merle jedenfalls, den beiden zupackenden Mädels aus Nordfriesland, kann der Stadtmensch nachvollziehen, daß auch die Freizeitgestaltung auf dem Land – jenseits reichhaltiger kommerzieller Angebote – vielfältig und durchaus unterhaltsam ist.

Wer die öffentliche Prämierung der Gewinner live sehen möchte, kann dies auf der Grünen Woche in Berlin tun. Los geht es am Freitag, dem 15. Januar um 12.30 Uhr auf der Bühne des Erlebnisbauernhofs in Halle 3.2.

Foto: Video-Ausschnitte: Mähdrescher, Viehhaltung, Jungbäuerinnen Wencke und Merle tapfer mittendrin