© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/16 / 15. Januar 2016

Frisch gepresst

Jaspers, Jung, Jünger. Albrecht Kiel, Jahrgang 1938, der als pensionierter Richter noch eine Dissertation in Philosophie nachlegte, beschäftigte sich schon 2008 in einer umfangreichen Monographie der Sprachphilosophie bei Karl Jaspers. Diesem widmet er jetzt, zusammen mit dem Tiefenpsychologen Carl Gustav Jung und dem Essayisten Ernst Jünger, eine vergleichende Untersuchung. Kiel weist nach, daß diese drei Denker, geboren zwischen 1875 und 1895, mithin Zeitgenossen im „Zeitalter der Extreme“, mehr gemeinsam haben als den Anfangsbuchstaben. Er stellt dafür vor allem auf die antimaterialistische Fixierung auf das von Jaspers so genannte „Umgreifende“ ab, das die Wirklichkeit transzendiere. Der Werkvergleich verweilt jedoch nicht bei dieser Wiedergewinnung metaphysischer Perspektiven ausgerechnet durch diese medizinisch-naturwissenschaftlich erzogenen Intellektuellen, sondern verknüpft sie mit der Kultur- und Zeitkritik, die, am stärksten bei Jünger und Jaspers, oft zum politisch-publizistischen Engagement führte. So fällt es Kiel nicht schwer, etwa von demographischen Debatten der 1930er, der von C. G. Jung früh erkannten Bevölkerungsexplosion in Afrika und Asien, zu heutigen Problemen wie den Fragen der Populationsgenetik oder dem durch „Migration“ herausgeforderten kulturellen Selbstverständnis Europas Linien auszuziehen. (wm)

Albrecht Kiel: Jaspers, Jung und Jünger. Drei Lebenswege ins Wunderland der Metaphysik. Verlag Traugott Bautz, Nordhausen 2015, gebunden, 325 Seiten, 20 Euro




Naher Osten. Volker Perthes leitet die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), die Bundestag und Bundesregierung in außenpolitischen Fragen berät. Daß beide Organe, zwischen „Griechenland-Rettung“ und „Flüchtlingskrise“, zum Synonym für Staatsversagen geworden sind, nährt Zweifel an der Qualität der SWP-Beratung. Zweifel, die Perthes’ jüngstes, den Konvulsionen im Nahen Osten gewidmetes Buch, nicht ausräumt. Erschöpft es sich doch im Allerweltsratschlag, Berlin und Brüssel sollten mit jedem Staat in der Region kooperieren, der ein Mindestmaß an „guter Regierungsführung“ vorhalte. Ansonsten belegen Wendungen wie „angebliche ‘Islamisierung’“, angesichts von fast 20 Millionen Muslimen in Europa, daß Perthes’ Expertisen einen Anteil am Realitätsverlust seiner Klientel haben dürften. (wm)

Volker Perthes: Das Ende des Nahen Ostens, wie wir ihn kennen. Ein Essay. Suhrkamp Verlag, Berlin 2015, broschiert, 144 Seiten, 14 Euro