© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/16 / 15. Januar 2016

Mussolinis afrikanisch-orientalische Vision war schnell ausgeträumt
Der italienisch-britische Krieg in Ostafrika und am Horn von Afrika im Zweiten Weltkrieg: Anfängliche Erfolge der Italiener mündeten 1941 in einem Fiasko
Wolfgang Kaufmann

Italien kämpfte während des Zweiten Weltkriegs nicht nur in der Cyrenaika und auf dem Balkan, sondern auch in Ostafrika. Hier hatte Mussolini 1936 seinen Traum von einem Africa Orientale Italiana (A.O.I.) verwirklicht, indem er aus den bereits früher erworbenen Kolonien Eritrea und Italienisch-Somaliland heraus das Königreich Abessinien besetzen ließ. Von dort aus griff der Gouverneur und Vizekönig von A.O.I., Herzog Amadeus III. von Savoyen-Aosta, dann 1940 auch noch nach dem Sudan und Kenia und eroberte jeweils einige Grenzstädte. Dem folgte am 3. August 1940 ein Vorstoß der Truppen von Generalleutnant Guglielmo Nasi in das nur schwach verteidigte Britisch-Somaliland, der bereits zwei Wochen später mit der Annexion der Nachbarkolonie endete. Daraufhin zogen die Briten Commonwealth-Verbände an der Grenze zu Italienisch-Ostafrika zusammen, deren Versuche zur Rückgewinnung des verlorengegangenen Terrains freilich erst einmal scheiterten.

Dahingegen war die Großoffensive von Lieutenant-General William Platt, welche am 19. Januar 1941 begann und sich gegen Eritrea richtete, von Erfolg gekrönt, obwohl die Italiener zunächst massiven Widerstand leisteten. Hierbei wurden sie unter anderem auch von der Deutschen Freiwilligen Motorisierten Kompanie unter Leutnant Heinz Werner Schmidt unterstützt. Diese Einheit bestand aus Ostafrika-Deutschen sowie Handelschiffsmatrosen und nahm beispielsweise an der zwei Monate währenden Abwehrschlacht von Keren teil, in der die A.O.I.-Streitkräfte den Vormarsch zweier indischer Divisionen sowie einer weiteren indischen und freifranzösischen Brigade bis zum 27. März aufhielten, was beide Seiten 3.500 Tote kostete. Schließlich mußte Generale di Divisione Nicolangelo Carnimeo aufgeben, woraufhin Platts Truppen zunächst in die eritreische Hauptstadt Asmara einrückten und am 8. April auch den Hafen von Massaua am Roten Meer besetzten, wo sechs italienische Zerstörer stationiert gewesen waren.

Massaker äthiopischer Freischärler an Kolonisten

Nahezu zeitgleich zu dem Angriff im Norden holten sich die Briten mit der amphibischen Landungsoperation „Appearance“ ihre somalische Kolonie zurück. Ebenso drangen drei Divisionen unter dem Oberbefehl von Major General Alan Cunningham von Kenia aus nach Abessinien und Italienisch-Somaliland vor und erreichten bis zum 25. Februar und 6. April Mogadischu und Addis Abeba. Dieser schnelle Erfolg resultierte aus der nunmehrigen Strategie der Italiener, sich in die Berge zurückzuziehen, um dort den Entscheidungskampf zu suchen. Allerdings lockten sie damit die britischen Truppen aus den Städten, so daß diese nicht mehr in der Lage waren, für den Schutz der italienischen Zivilbevölkerung vor Übergriffen äthiopischer Freischärler zu sorgen. Die Folge waren regelrechte Massaker, wie das von Dire Dawa, wo viele der dort lebenden Kolonisten abgeschlachtet wurden.

Außerdem verlor Amadeus III. auch die brutal geführte Schlacht um das Bergmassiv von Amba Alagi nördlich von Addis Abeba: Aufgrund der unmenschlichen Kriegführung der einheimischen Verbündeten der Briten kapitulierten die überlebenden 5.000 Mussolini-Soldaten gegenüber Cunningham, der seine Gegner daraufhin mit einer Ehrenformation in die Gefangenschaft verabschiedete. Danach beschränkte sich die italienische Gegenwehr auf den Raum um Gondar im Nordwesten Abessiniens, wo noch 40.000 Mann unter General Nasi standen. Diese hielten ihre Stellung bis zum 27. November 1941, wobei es immer wieder zu erbitterten Nahkämpfen kam. Anschließend kontrollierten die Briten das gesamte Gebiet von Italienisch-Ostafrika, obgleich einzelne italienische Offiziere wie Franceso De Martini und Amedeo Guillet weiter als Guerillas agierten, wobei besonders der „Privatkrieg“ des letzteren an der Seite eritreischer Stammesfürsten für Aufsehen sorgte.

Durch die Siege Cunninghams und Platts konnte das Empire zukünftig sehr viel mehr Ressourcen für die Verteidigung Ägyptens aufwenden, was angesichts der 1942 stattfindenden Angriffe des Deutschen Afrika-Korps auch dringend nötig war.