© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/16 / 08. Januar 2016

Auf Linie bringen und im Zaum halten
Jahresvorschau 2016: TTIP, Brexit, Terror und ein Jubiläum, das kaum jemand feiern will
Curd-Torsten Weick

Wird ein Habsburger etwa im Frühjahr 2016 zum neuen Bundespräsidenten Österreichs gewählt? Nimmt Angela Merkel kameradschaftlich François Hollandes Hand, wenn sie am 29. Mai zum hundertjährigen Gedenken an die Schlacht von Verdun vor dem Beinhaus von Douaumont beieinanderstehen? Läßt Donald Trump weiter die Puppen tanzen und räumt dann am 8. November bei der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten ab?

Abgeräumt werden womöglich auch die Reste des Sykes-Picot-Abkommens. Und das ausgerechnet an dessen 100. Jahrestag am 16. Mai. Die große Frage dabei: Müssen die per Federstrich 1916 ins Leben gerufenen Staaten Irak und Syrien gar einer neuen Ordnung weichen? 

Jedenfalls wird es zum fünfjährigen Jubiläum des Beginns des „Arabischen Frühlings“ kaum große Feierlichkeiten geben. Alles begann Ende Dezember 2010 in Tunesien mit der Jasminrevolution. Landesweite Massenunruhen führten dazu, daß der tunesische Präsident Ben Ali, der sich vor allem mit einer Politik der eisernen Faust gegenüber jedweden islamistischen Tendenzen hervortat, am 14. Januar 2011 ins Exil nach Saudi-Arabien floh. 

Zwei Monate später zeigte sich Deutschlands damaliger Außenminister Guido Westerwelle (FDP) beim Treffen der Gruppe der Acht (G8) optimistisch und erklärte vorausschauend: „Dieser arabische Frühling ist eine historische Chance für Frieden und Wohlstand für die gesamte Region mit positiven Folgen weltweit.“

Barbados will Queen Elizabeth loswerden

Nun mahnt das Auswärtige Amt   bei Reisen nach Tunesien zu äußerster Vorsicht. Nach den Anschlägen militanter Islamisten auf das Bardo-Museum in Tunis sowie auf ein Strandhotel in Sousse/Port El Kantaoui, bei denen auch deutsche Touristen ums Leben gekommen seien, könnten „weitere, auch gezielt gegen Ausländer gerichtete Anschläge“ nicht ausgeschlossen werden. Reisenden wird entsprechend empfohlen, im gesamten Land besondere Vorsicht und Wachsamkeit walten zu lassen.“ Prophylaktisch verlängerte die Regierung den Ausnahmezustand bis zum 21. Februar.

Ausnahmezustand in der EU? Brüssel muß jedenfalls auf vielen Hochzeiten tanzen. Die Visafreiheit für Türken soll als Dank für deren Entgegenkommen in der Flüchtlingsfrage umgesetzt werden. Die Unbotmäßigen ostmitteleuropäischen Staaten müssen auf Linie gebracht und die zumeist linksregierten Mittelmeerstaaten im Zaum gehalten werden. 

Auch TTIP, Putin und Brexit lassen die Sorgenfalten von Juncker, Schulz & Co. weiter wachsen. Brexit – die Frage ist nur, ob Premier David Cameron und seine nicht ganz einigen Tories die Volkabstimmung über den Ausstieg aus der Europäischen Union aus taktischen Gründen bereits in diesem Jahr ansetzen. Zumindest versucht er seinen Landsleuten mit allen Mitteln den Verbleib schmackhaft zu machen. Noch mehr Autonomie und Sonderrechte, Begrenzung der Zuwanderung – auch für EU-Bürger – und die Forderung nach einem Abbau von Bürokratie und EU-Bevormundung stehen auf der Forderungsliste.

Ungemach für das Empire droht allerdings von den Kleinen Antillen. Denn 50 Jahre nach seiner Unabhängigkeit will der Inselstaat Barbados nicht mehr die britische Queen Elizabeth II. als Staatsoberhaupt haben, sondern einen eigenen Präsidenten. Am 30. November  soll es soweit sein.