© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/15 / 18. Dezember 2015

Meldungen

VW-Abgasskandal: Kulturelle Unterschiede

Leinfelden. Der „Abgasskandal“ des VW-Konzerns resultiert für den Techniksoziologen Ortwin Renn aus einer Kombination von Globalisierungsdruck und Firmenkultur. Der globale Wettbewerb verschärfe den Effizienz- und Produktivitätsdruck inzwischen in einer Weise, daß immer häufiger zu „unkonventionellen Maßnahmen“ wie dem Abgasbetrug gegriffen werde. Dabei spielen sogar technische Überwachungs- und Regulierungsbehörden mit, da die Bedingungen für Abgasmessungen so gesetzt werden, daß sie die Realität nur unzureichend widerspiegeln. Bei VW „übersah“ man aber die Grenzen dieses „Gentlemen’s Agreement“, weil, wie in vielen deutschen Technologiekonzernen, Ingenieure die Chefebene dominieren, während in den USA dort fast ausschließlich Betriebswirte und Juristen zu finden sind (Bild der Wissenschaft, 12/15). (rs)

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„Human Brain Project“ mit realistischeren Zielen

Weinheim. Das Flaggschiff der EU-Forschungspolitik, das „Human Brain Project“, das 2014 der heftigen Kritik von 800 Neurowissenschaftlern ausgesetzt war (JF 41/14), ist nach Abschluß eines Mediationsverfahrens in ruhigeres Fahrwasser geraten. Ein neues Rahmenabkommen zwischen EU-Kommission und Projektleitung sichert die jährliche Finanzierung von 89 Millionen Euro bis 2020, schafft eine neue Leitungsstruktur mit einem dreiköpfigen Exekutivkomitee und läßt das ehrgeizige Ziel, bis 2020 das menschliche Gehirn simulieren zu können, zugunsten eines realistischeren Ansatzes zurücktreten. Im Zentrum des Projekts steht nun die Entwicklung und Bereitstellung „nachhaltiger Informations- und Kommunikationsstrukturen für die Hirnforschung“ (Physik Journal, 12/15).

 www.pro-physik.de





Evolutionsforschung: Wert von Krakenhirnen

Frankfurt/M. Tintenfische dienen als Vergleichssystem zur Evolution von Wirbeltieren. Deswegen war es erstaunlich, daß ihr Genom nicht schon längst vorliegt. Diese Forschungslücke konnte jetzt der Nobelpreisträger Sydney Brenner (Okinawa Institute of Science and Technology) schließen, der die Genomsequenz des Kraken Octopus bimaculoides entschlüsselt hat (Nachrichten aus der Chemie, 12/15). Besonders interessantes Material liefere dabei die Untersuchung des Krakengehirns und der genetischen Grundlagen der neuronalen Funktionen. Brenner erhofft sich davon einen Beitrag zur Klärung der Frage, wie Lebewesen den Sprung zu höherer Komplexität schafften. Wirbeltieren gelang dies durch Genomverdopplung, eine Strategie, auf die Brenners Kopffüßer-Sequenz bisher keine Hinweise liefert. (ck)





Erkenntnis

„Die Hirnforscher machen aus dem Bewußtsein ein Riesengeheimnis. Ich würde sagen: aus purer Geltungssucht.“

Dietrich Dörner, emeritierter Direktor des Instituts für Theoretische Psychologie der Universität Bamberg, mag das „metaphysische Brimborium“ um den menschlichen Geist nicht.