© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/15 / 18. Dezember 2015

Markantes Militärgerät
60 Jahre Bundeswehr: Zu einer Sonderausstellung in Dresden
Wolfgang kaufmann

Nach 60 Jahren ihres Bestehens (JF 46/15) ist die Bundeswehr nun die am längsten existierende deutsche Armee überhaupt. Dies veranlaßt das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden, eine entsprechende Sonderausstellung zu zeigen, die noch mindestens bis Ende 2016 zu sehen sein soll. Dabei handelt es sich zwar nicht unbedingt um den ganz großen Wurf, aber doch zumindest um eine solide konzipierte und gestaltete Schau, welche im deutlichen Kontrast zur Dauerausstellung steht. Diese dient nämlich dem erklärten Zweck, eine „Kulturgeschichte der Gewalt“ zu präsentieren, was zu verschiedenen skurrilen museumspädagogischen Experimenten führte, welche Besuchern, die an echter Militärgeschichte interessiert sind, die Haare zu Berge stehen lassen. So verschwanden zum Beispiel viele der wertvollen Exponate aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit in den Magazinen, um für Unsinniges Platz zu machen wie Playmobil-Männchen oder die lebensgroße Figur eines Elefanten, welcher noch nicht einmal als Kriegselefant hergerichtet wurde.

Die glücklicherweise deutlich weniger verhunzte Ausstellung „60 Jahre Bundeswehr“ bietet einen chronologischen Rundgang, der im wesentlichen folgende Stationen beinhaltet: das Ende des Zweiten Weltkriegs mit nachfolgender alliierter Besetzung und Demilitarisierung Deutschlands; Kalter Krieg und Wiederaufrüstung in Ost und West im Rahmen von Nato und Warschauer Pakt; Aufbau und Entwicklung von Nationaler Volksarmee und Bundeswehr; die Geschichte der Bundeswehr im wiedervereinigten Deutschland; Einsätze im Inneren (so zum Beispiel bei den großen Flutkatastrophen von 1962, 2002 und 2013) und Äußeren (Kosovo, Afghanistan, Horn von Afrika usw.). Dazu kommt ein abschließender Bereich, in dem es um die neuen „Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“ geht. Damit sind neben dem Terrorismus und der asymmetrischen Kriegsführung vor allem die „Flüchtlings“-Wellen gemeint, unter denen Europa derzeit erbebt – dieses ebenso allgegenwärtige wie leidige Thema durfte also auch in diesem Kontext nicht unerwähnt bleiben. Dabei wird schon bald ein kurzer Rundgang in der Umgebung des Museums genügen, um sich ein Bild von den „Schutzsuchenden“ zu machen, denn dort werden demnächst zwei riesige Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber öffnen.

Die Beleuchtung in den Vitrinen reicht nicht aus

Unter den rund tausend Objekten im zweiten Stock des historischen Arsenalgebäudes am Olbrichtplatz befinden sich einige höchst interessante Stücke, wie zum Beispiel eine Übungs-Atomgranate für die Haubitze M110 oder die komplette Ordensgalerie und das Paradefahrzeug des früheren Chefs der NVA der DDR, Armeegeneral Heinz Hoffmann.

Und auch auf dem Freigelände hinter dem Haus, wo sich die Großexponate befinden, gibt es durchaus Bemerkenswertes zu sehen. Hier fallen besonders das Flugabwehr-Raketensystem MIM-104 „Patriot“, die Panzerhaubitze 2000, eine Kurzstreckenrakete vom Typ „Pershing 1A“ auf der mobilen Abschußrampe XM 839 sowie das Kleine Torpedo-Schnellboot der Volksmarine („Libelle“-Klasse) auf. Das markanteste Militärgerät ist aber der monströse, mähdrescherähnliche Minebreaker 2000/2, der vom deutschen Isaf-Kontingent in Kabul zum Minenräumen eingesetzt wurde und dabei bis zu zwei Hektar Boden pro Tag umpflügte.

Überhaupt bietet die Sonderschau eine Menge Ausstellungsstücke, die an den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gemahnen. Hierzu zählen nicht zuletzt auch das von Splittern zerfetzte Wrack eines Geländewagens vom Typ Wolf, der im November 2004 in eine Sprengfalle geriet, sowie Erinnerungen an das dramatische achtstündige „Karfreitagsgefecht“ vom 2. April 2010 mit einer größeren Gruppe von Taliban, bei dem die Bundeswehrangehörigen Nils Bruns, Robert Hartert und Martin Augustyniak getötet wurden.

Gleichzeitig regiert aber stellenweise auch die Monotonie. So fällt der überaus verschwenderische Einsatz von Uniformjacken aller Art auf, die gefühlt ein Zehntel oder mehr der Exponate im Inneren des Hauses ausmachen. 

Richtiggehend ärgerlich ist, daß der Parcours durch die Ausstellung extrem gewunden und unübersichtlich daherkommt. Da helfen auch die wenigen Richtungspfeile auf dem Fußboden nicht sonderlich weiter. Darüber hinaus reicht die Beleuchtung in den Vitrinen keinesfalls aus, zumal die Raumbeleuchtung ebenso dürftig ausfällt und die Beschriftung der Objekte viel zu klein erfolgte. So ist es beispielsweise unmöglich, die interessanten Relikte des Militärstrafvollzugs der DDR angemessen in Augenschein zu nehmen. Hier fragt man sich als Besucher, der weder mit einer Taschenlampe noch Adleraugen ausgestattet ist, warum das Militärhistorische Museum zwar alles unternommen hat, um Rollstuhlfahrern den Besuch so unkompliziert wie möglich zu machen, während andererseits Menschen mit einem nicht so perfekten Sehvermögen auf der Strecke bleiben.

Die Ausstellung ist im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden, Olbrichtplatz 2, täglich von 10 bis 18 Uhr, montags bis 21 Uhr, zu sehen. Telefon: 0351 / 823 -28 03

 www.mhmbundeswehr.de/