© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/15 / 11. Dezember 2015

„Kumpanei mit der Politik“
Deutschland steht im Endspiel um seine Existenz. So die provokative These des TV-Journalisten Hans-Hermann Gockel. Vor allem mit seinen Medien-Kollegen rechnet der ehemalige Sat.1- und N24-Moderator in seinem Buch „Finale Deutschland“ ab
Moritz Schwarz

Herr Gockel, werden wir über die Lage in der Flüchtlingskrise objektiv informiert?

Gockel: Mit Sicherheit nicht. 

Was wird uns verschwiegen? 

Gockel: Zum Beispiel die Zahlen: Wie viele Einwanderer kommen im Zuge der Flüchtlingswelle tatsächlich ins Land? Die Bundesregierung gibt ja zu, es selbst nicht mehr zu wissen. Nehmen wir also mal meine Heimatstadt Bielefeld: Dort sind es laut Verwaltung etwa 3.500. Meine Recherchen ergaben aber eine ganz andere Zahl: Allein bis Ende Dezember werden es 10.000 sein! Zum Beispiel die Kosten: Der Bielefelder SPD-Oberbürgermeister Pit Clausen sagt, ein Flüchtling kostet 9.000 Euro im Jahr. Das Münchner Ifo-Institut dagegen errechnete 20.000 Euro. Zum Beispiel die Folgen: Wie stark verändert der Zustrom die Verhältnisse im Land? Diese Frage wird bewußt nicht thematisiert. Schauen wir doch mal in die Polizeiberichte: Schon jetzt bekämpfen sich diesem zufolge in den Flüchtlingsunterkünften Muslime und Christen, Sunniten und Schiiten, Salafisten unterschiedlichster Sorte, ebenso wie in unseren Innenstädten Kurden und Türken, Salafisten und Jesiden, Tschetschenen und Russen. Der Berliner Politologe Herfried Münkler warnte bereits 2014, die Flüchtlingszuwanderung sei die „größte sicherheitspolitische Herausforderung des 21. Jahrhunderts“. Und die Masse käme „nicht der wirtschaftlichen Prosperität Europas zugute“, sondern „überfordert die Sozialsysteme und stellt die soziale Ordnung in Frage“. Oder wie der Kollege Dirk Schümer es formulierte: „Illegale und unkontrollierte Zuwanderung ist kein Menschenrecht, sondern führt zwangsläufig in den unerklärten Bürgerkrieg.“

Damit erübrigt sich eigentlich die nächste Frage – nämlich ob wir über die Lage in puncto Innere Sicherheit objektiv informiert werden.  

Gockel: Mit dem Dreiklang „Asyl. Islam. Innere Sicherheit“ aus dem Untertitel meines Buches will ich nicht drei verschiedene Einzelthemen benennen. Vielmehr sehe ich alle drei in einer großen Problemlage miteinander verquickt. Werden wir über die Innere Sicherheit objektiv informiert? Nun, der Bundes-innenminister sagt ein Fußballänderspiel ab und „beruhigt“ uns damit, die Details der Bedrohung lieber zu verschweigen, weil diese „uns noch mehr beunruhigen“ würden. Ich glaube, das sagt bereits alles. Laut BKA haben wir inzwischen über 40.000 Islamisten im Land, von denen über 400 als „Gefährder“ gelten. Diese Zahlen werden zwar genannt, aber über die Ursachen, die in der Zuwanderung liegen, wird so gut wie nicht diskutiert. Schauen wir zum Beispiel nach Berlin-Neukölln. Dort hat sich die arabische Community in nur fünf Jahren von 13.000 auf 30.000 Personen vergrößert. Selbst die dortige SPD-Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey schlägt Alarm und warnt, man stehe inzwischen vor einer sozialen Krise. Was aber bitte bedeutet „soziale Krise“ konkret? Erwachsen aus einer „sozialen Krise“ nicht irgendwann soziale Unruhen? Für mein Buch habe ich umfangreich auch bei Polizeibehörden recherchiert. Ein Polizist sagte mir: „Dieses Land wird bereits geplündert. Wir aber laufen den Plünderern lediglich hinterher.“ Nicht anders viele Lehrer: Sie sind an ihren Schulen, wie zum Beispiel ein Fall in Neu-Ulm zeigt, mit Grundschülern konfrontiert, die unbekümmert im Unterricht Sätze äußern wie, „Christen muß man töten“ und „Juden stehen auf einer Stufe mit Schweinen“.

Also auch beim Thema Islam werden wir nicht objektiv informiert?

Gockel: Schon seit Jahren nicht mehr. Die Islamisierung Deutschlands wird von Politik und vielen Medien nicht thematisiert. Tatsächlich aber schreitet sie immer weiter voran und wird durch den Zuzug Hunderttausender arabischer Moslems natürlich forciert. 

Ist diese Islamisierung nicht nur die fixe Idee angsterfüllter Wutbürger, wie die Medien meinen?

Gockel: Wenn Saudi-Arabien den Bau von zweihundert neuen Moscheen in Deutschland finanziert – was ist das anderes als eine Islamisierung? Oder die wachsende Terrorgefahr in Deutschland: Angeblich hat sie mit dem Islam nichts zu tun. Womit bitte sonst? Diese Behauptung ist etwa so plausibel wie die, ein Flugzeugabsturz habe nichts mit der Fliegerei zu tun.

Wie kann es sein, daß wir, wie Sie behaupten, bei all diesen Themen nicht objektiv informiert werden, wo wir doch zahlreiche freie und unabhängige Medien haben? 

Gockel: Weil wir in Deutschland massiv unter Gedankenfeigheit leiden. Darunter verstehe ich, daß die Bürger immer weniger den Mut haben, klar Stellung zu beziehen und ihre Meinung zu sagen.

Warum nicht? 

Gockel: Wer das tut, provoziert den Knüppel aus dem Sack! Er wird in die Ecke mindestens des „Rechtspopulismus“ gestellt. Oder gleich als Neonazi abgestempelt.

Woher kommt diese Unfreiheit?

Gockel: Sie ist für mich das Ergebnis einer Art von Volkserziehung, die Teile der Politik und der Medien an den Bürgern über Jahre hinweg vorgenommen haben. 

Die Medien sind demnach nicht Anwalt des Bürgers, sondern ... was?

Gockel: Die Medien sollten Anwalt von Volk und Verfassung gegenüber der Politik sein, richtig – so die Idee von der Vierten Gewalt. Klassischerweise sollten sie dazu die Fakten bereitstellen. Sie zu kommentieren, ist eine davon säuberlich zu trennende Aufgabe. Tatsächlich aber vermischen viele Medien – erschreckenderweise vor allem die Öffentlich-Rechtlichen – dies sehr stark. Das aber ist keine Berichterstattung mehr. Vielmehr handelt es sich dann um Meinungsmanipulation. Mit seriösem Journalismus hat das nichts mehr zu tun. 

Ein hartes Urteil. 

Gockel: Ja, aber bei gewissen Themen gibt es längst eine Art unheilige Allianz zwischen Medien und Politik. Immer öfter erlebe ich, daß Politiker interviewt werden, ohne daß die Journalisten kritisch nachfragen. Natürlich: Wenn es um Klimaschutz geht, um Waffenexporte oder um mehr Rechte für Flüchtlinge, wird das getan – also immer dann, wenn es politisch korrekt ist. Geht es aber dagegen um politisch unliebsame Themen, wie etwa die drei eingangs angesprochenen, dann: Fehlanzeige! Das darf aber nicht sein, weil ein nicht unerheblicher Teil des Volkes nun mal eine andere Meinung hat und zudem mit Recht erwarten darf, daß diese in Politik und Berichterstattung auch abgebildet wird.  

Können Sie Ihre Behauptung von der „Vermischung“ mit einem Beispiel belegen?  

Gockel: Zum Beispiel die ARD-Sendung „Panorama“ vom 8. Oktober 2015. Dort ging ein Beitrag der Frage nach, woher die Vorbehalte vieler Deutscher gegenüber Flüchtlingen rührten. Erkenntnis: Es sei die Angst des deutschen Mannes vor der Sexualität des Afrikaners. Und als sei diese These nicht schon krude genug, wurde am Ende auch noch eine Szene aus dem Schwarzweiß-Klassiker von 1933 „King Kong und die weiße Frau“ gezeigt. Mehr Stimmungsmache geht kaum! Und das in einem Politmagazin, das beansprucht, der Aufklärung verpflichtet zu sein und sich überdies aus Gebühren finanziert.

Sind sich nach Ihrer Ansicht Ihre Kollegen bewußt, was sie tun oder wähnen sie sich als gute und neutrale Berichterstatter?

Gockel: Ich fürchte, vielen ist das nicht bewußt. Beispiel: Die Moderatorin Marietta Slomka am 31. Januar im ZDF. Sie zitiert in der Abmoderation zu einem Beitrag über den Tod Richard von Weizsäckers folgende Sätze des Altbundespräsidenten: „Patriotismus ist Liebe zu den Seinen. Nationalismus ist Haß auf die anderen. Und: Fremdenfeindlichkeit zeugt nur von eigener Schwäche.“ Dann folgt ein Kamerawechsel, und Slomka spricht beinahe nahtlos, in die zweite Kamera blickend, weiter: „Die AfD hielt heute ihren Parteitag in Bremen ab.“ Ich spielte die in der ZDF-Mediathek abrufbare Sendung mehreren Kollegen vor. Anschließend fragte ich sie, was hängengeblieben war. Unabhängig voneinander antworteten sie alle das gleiche: „Nationalismus, Haß, Fremdenfeindlichkeit, eigene Schwäche, AfD“ – unterschwellig ergaben diese Wörter einen Themenfluß. Natürlich würde Marietta Slomka bestreiten, etwas suggeriert haben zu wollen. Und wissen Sie was: Ich würde ihr das sogar glauben! Für sie ist das alles wahrscheinlich so selbstverständlich, daß sie das Demagogische daran gar nicht erkennt.  

Kaum zu glauben – schließlich handelt es sich doch um eine hochbezahlte Top-Journalistin. 

Gockel: Ja, aber gleichzeitig belegen zum Beispiel Studien des Mainzer Kommunikationswissenschaftlers Hans Mathias Kepplinger – ohne daß ich damit etwas über Frau Slomkas politische Orientierung aussagen will, die ich nicht kenne –, daß über siebzig Prozent der Journalisten politisch links orientiert sind, also grün, rot oder tiefrot. Und das macht sich in der politischen Berichterstattung eben bemerkbar. 

Solche Studien werden in den Medien allerdings nicht thematisiert. 

Gockel: Wundert Sie das? Mich nicht.

Als TV-Anchorman und Nachrichtenmoderator gehörten Sie selbst jahrzehntelang zu den Top-Journalisten in Deutschland. Sie müßten viele dieser „siebzig Prozent“ in Ihrer Laufbahn getroffen haben. 

Gockel: Da muß ich Sie enttäuschen, ich war bei den Privaten.

Und da gibt es die etwa nicht?

Gockel: Sicher auch, aber ich muß sagen, mir fallen diese Gesinnungsjournalisten besonders häufig bei den Öffentlich-Rechtlichen auf. Jedenfalls habe ich in den Redaktionen, in denen ich gearbeitet habe, so etwas in der Tat nie erlebt.

Kaum zu glauben. 

Gockel: Glücklicherweise gibt es eben auch Journalisten, die noch wissen, was guter Journalismus ist. Die noch wissen, daß sie unbestechlich den sogenannten W-Fragen verpflichtet sind und diese auch dann sämtlich beantworten, wenn etwa der örtliche Integrationsbeirat schäumt, weil er meint, es sei der Integration hinderlich, wenn man die Herkunft ausländischstämmiger Straftäter nennt. Leider ist das längst nicht mehr selbstverständlich. Etliche Kollegen ersetzen die fünf „W“ – wer, wo, was, wann, warum – nämlich inzwischen durch die fünf „V“: Verschweigen, Vertuschen, Verbiegen, Verdrängen, Verharmlosen.  

Warum?

Gockel: Ich glaube, es ist eine Form der Kumpanei mit der Politik. Immer mehr Medien beteiligen sich an deren Bestreben, alles zu tun, um die Stimmung im Lande ruhig zu halten. Schon im Februar 2015, lange vor Beginn der aktuellen Flüchtlingswelle, hat die für Nordthüringen zuständige Landespolizeiinspektion eine Direktive herausgegeben, laut der bei Einsätzen in Asylunterkünften, die keine Außenwirkung erzielen, keine Pressemitteilung mehr geschrieben wird. Diese Direktive belegt also, daß es Polizeibehörden gibt, die ihre Dienststellen anweisen, Straftaten in Asylunterkünften zu verschweigen! Und jetzt folgt die entscheidende Frage: Gibt es Journalisten, die sich darauf einlassen? Bestürzende Antwort: Leider ja! Was aber müßte ein Journalist statt dessen tun? Er müßte erst recht hart nachfragen! 

In Ihrem Buch nennen Sie ermutigende Beispiele. 

Gockel: Ja, etwa die Kollegen vom Westfalen-Blatt, die einen Fall in Detmold recherchierten, wo ein Asylbewerber ein 14jähriges Mädchen vergewaltigt hatte. Dabei tauchte dieses Verbrechen in keinem Polizeibericht auf – das muß man sich einmal vorstellen! Sechs Wochen lang blieb der Fall unter der Decke, dann wandte sich einer der Helfer in der Asyl-unterkunft an die Zeitung. Das Westfalen-Blatt stellte daraufhin eine Anfrage an die Polizei – die nicht wußte, daß die Redaktion inzwischen informiert war. Die Polizei sollte sagen, welche Delikte denn rund um die lokale Asylunterkunft bisher vorgekommen seien. Die Kollegen trauten ihren Augen nicht, als sie die schriftliche Antwort lasen, in der das Sexualverbrechen erneut mit keinem Wort erwähnt wurde! Erwähnen will ich auch die Kollegen von den Kieler Nachrichten, die aus der Landespolizei heraus aufgefordert wurden, ihre Berichterstattung über die „Lagebilder Flüchtlingsthematik“ einzustellen. Die unglaubliche Begründung: Die Journalisten würden zündeln. Zum Glück machten sich die Kieler Kollegen nicht zu willigen Helfern, sondern setzten ihre Berichterstattung bezüglich kriminell gewordener Asylbewerber unbeirrt fort.  

Ihrem Buch haben Sie den Titel „Finale Deutschland“ gegeben. Warum?

Gockel: Zu diesem Titel habe ich mich an jenem Tag entschlossen, als die Kanzlerin von „offenen Grenzen“ sprach, von Flüchtlingszahlen, die sich nicht limitieren lassen würden. Es war der Tag, an dem man den Eindruck bekommen mußte, daß unsere Politik die gesamte Dritte Welt nach Deutschland einlädt. Illegale Grenzübertritte als Normalfall und eine Bundespolizei, die nicht nur tatenlos zuschaut, sondern sogar beim Rechtsbruch Hilfestellung leistet, weil die Politik es so will. Was kann das anderes sein, als daß für Deutschland das Finale eingeläutet wird?






Hans-Hermann Gockel, der Journalist und TV-Moderator gehört zu den Pionieren des deutschen Privatfernsehens. In den achtziger Jahren moderierte er das „Sat.1-Frühstücksfernsehen“ und das Magazin „Automobil“, in den Neunzigern die Wochenendausgabe der Sat.1-Nachrichten, das Quiz „Jeder gegen Jeden“, das Reportagemagazin „Menschen in Lebensgefahr“ sowie von 2004 bis 2010 die N24-Nachrichten. Heute ist Gockel, geboren 1954 in Bielefeld, freier Publizist. Seine Streitschrift „Finale Deutschland. Asyl, Islam, Innere Sicherheit. Mit Klartext gegen die Gedankenfeigheit“ ist soeben erschienen. 

Foto: Journalisten berichten über Flüchtlinge auf der Mittelmeerinsel Lesbos: „Eine Art Volkserziehung, die Teile der Medien über Jahre hinweg an den Bürgern vorgenommen haben“

 

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