© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/15 / 04. Dezember 2015

Haltungsnote
Notgedrungen
Christian Rudolf

Die Erfurter Zahnärztin Kathleen Trobisch engagiert sich für die Deutsche Knochenmarkspenderdatei und die Blindenwerkstätten im nahen Gotha. An einem Novemberwochenende übernahm ihre Praxis einen 24-Stunden-Notdienst. Darüber informierte die Medizinerin via Aushang die anderen Mieter des Mehrfamilienhauses. Sie wies dabei auf mögliche Begleitumstände hin: Sie sei gesetzlich verpflichtet, Asylbewerber notdienstlich zu behandeln. Diese könnten per Sammeltransport zugewiesen werden. Daher bitte sie die Anwohner, keine Wertgegenstände im Treppenhaus oder Auto liegenzulassen und Hauseingangstüren zu verschließen.

Nach Informationen des Robert-Koch-Instituts und des Landesamts für Verbraucherschutz seien ansteckende Krankheiten wie Typhus, Krätze, Tuberkulose oder Läusebefall bei Asylbewerbern diagnostiziert worden. Daher würden nach dem Notdienst Treppenhaus und Türen desinfiziert.

Doch wir leben in Zeiten, in denen die Ankündigung eines Putzlappengebrauchs wohl bereits ein Standesvergehen ist: Die Landeszahnärztekammer forderte Trobisch „sofort ultimativ“ auf, den möglicherweise berufswidrigen Aushang zu entfernen. Man behalte sich vor, Strafanzeige zu erstatten.