© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/15 / 04. Dezember 2015

Umwelt
Gift im Kerzenlicht
Tobias Schmidt

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt ... Der jüngste Beschluß der EU-Kommission über „Sicherheitsanforderungen, denen europäische Normen für Kerzen, Kerzenhalter, Kerzenbehälter und Kerzenzubehör“ genügen müssen, mag angesichts putziger juristischer Sprachblüten auf kopfschüttelnde Belustigung im Volke gestoßen sein. Der Hintergrund ist jedoch ernst. Kerze ist nicht gleich Kerze. Seit längerem beschäftigen giftige Inhaltsstoffe von paraffinbasierten Kerzen die Forschungslabore. Vor Jahren schon warnte die American Chemical Society in Washington davor, daß beim Abbrennen der Kerzen bedenkliche Stoffe wie Benzol und Toluol freigesetzt würden. Sie lösen mitunter unentdeckte Beschwerden aus, aber auch Allergien und Atemwegserkrankungen. Wer häufig Kerzen abbrenne und nicht ausreichend lüfte, setze sich konkreten Gesundheitsgefahren aus.

Über die Atemluft aufgenommenes Nickel kann krebserzeugend wirken.

Nicht weniger kritisch sieht es das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Kurz vor dem Advent 2013 erarbeitete es Vorschläge für einen EU-weiten Sicherheitsstandard für Kerzen (Stellungnahme Nr. 004/2014). Gesundheitsschädliche Substanzen wie Blei, Nickel, allergene Duftstoffe und flüchtige organische Verbindungen würden beim Verbrennen an die Raumluft abgegeben und vom Verbraucher eingeatmet. Besonders bleihaltige Kerzen seien ein Problem: „Blei wirkt bei Kindern negativ auf die Nerven-, Gehirn- und Intelligenzentwicklung. Bei Erwachsenen kann eine dauerhafte Bleiaufnahme zu Nierenschäden und zu Krebs führen.“ Über die Atemluft aufgenommenes Nickel könne ebenso krebserzeugend sein. Solche Inhaltsstoffe seien daher technisch auf ein Minimum zu reduzieren – so wie es die EU nun plant.

Der Verzicht auf die Dreckschleudern ist kein Verlust: Wer ruhigen Gewissens Licht in die dunkle Jahreszeit bringen möchte, entzündet daheim Kerzen aus Bienenwachs.