© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/15 / 04. Dezember 2015

Als Flüchtlinge geendet
Rolf Stolz hat eine Romantrilogie vorgelegt
Werner Olles

Im ersten Band von Rolf Stolz’ „Münchhausen-Trilogie“ verläßt ein Professor aus Paris Ende 1979 seine Familie und seine Karriere – auf Zeit oder auf Dauer bleibt offen. „Der Gast des Gouverneurs in der Wand des Kraters“ – so der Titel – reist durch Lateinamerika, begegnet dort verschiedenen Frauen, stolpert durch halbverfallene indianische und koloniale Ruinen, begibt sich in ungeahnte Gefahren und erlebt Revolutionsszenarien, die völlig anders sind als die verblasenen Utopien der europäischen Kaviar-Linken. Schließlich endet die lange Reise am Vulkan Irazù in der Wand des Kraters. 

Jenseits der gewohnten Wege von Reiseberichten und linearen Lebensbeschreibungen beschreibt der Autor die vergeblichen Hoffnungen und unerfüllten Sehnsüchte einer ganzen westeuropäischen Generation – der Nachkriegskinder, die sich 1968 gegen ihre Väter erhoben, ihre Heimat verrieten und eine ziellose Suche nach Ausreden und Auswegen begannen, in der sie nur als Flüchtlinge enden konnten.

Band 2 „Schwester Schwester Bruder“ schildert Deutschland in den achtziger Jahren. Die unheldische Heldin des Romans, eine unverheiratete Personaldirektorin mit zwei unehelichen Kindern von verschiedenen Männern, gerät in Mordverdacht an ihrem Schwager, der auf dem Hochsitz in seinem Jagdrevier erschossen wurde. Ob sie wirklich unschuldig ist, bleibt genauso offen wie die Frage, was an ihrer Lebensgeschichte Wahrheit und was Täuschung ist, und ob sie nicht bereits als Kind schon „Baron Münchhausen“ hieß und diesem Namen ihr Leben lang treu blieb. 

In „Mannheim: Frontkämpfer“, dem dritten Band der Trilogie, begegnet der ehemalige Privatdetektiv, Vermögensberater und Versicherungsvertreter Raith in einem Mannheimer „Orient-Imbiß“ zwei ihm unbekannten Türken. Einer der beiden Männer faßt mit den Worten „Der Gürtel ist verdreht, um 90 Grad“ an Raiths Wende- und Geldgürtel, worauf dieser vermutet, daß es dabei um eine Art Codewort im Drogenhandel geht. In einer Mischung aus Naivität, Selbstüberschätzung und Abenteuerlust macht er sich daran, den Fall aufzurollen, nicht zuletzt, weil ihm die junge Türkin, die in dem Imbiß arbeitet, auf den ersten Blick gefallen hat. Doch der selbsternannte Jäger wird schon bald selbst zum Gejagten …

Rolf Stolz: Münchhausen-Trilogie. Ferge Verlag, Tübingen 2015, Bd. 1: 257 Seiten, 9,96 Euro; Bd. 2: 245 Seiten, 8,99 Euro; Bd. 3: 183 Seiten, 8,94 Euro