© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/15 / 13. November 2015

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Spannungslektüre im Quadrat: Der neue Thriller von Sebastian Fitzek, „Das Joshua-Profil“, hält, was der Bestsellerautor verspricht und seit Jahren mit seinen Büchern einlöst. Doch zunächst stutze ich gehörig. Grund: Die ersten dreieinhalb Seiten sind eine Passage aus dem Buch „Die Blutschule“ von Max Rhode. Sie dienen hier als eine Art Prolog vor dem 1. Kapitel. Irritiert bin ich, weil mir kürzlich ebendieser Thriller in einer Thalia-Buchhandlung ob seines Titels ins Auge gesprungen ist. Ich nahm ihn in die Hand, las den Klappentext und überlegte, ob ich mir das Buch kaufen sollte, entschied mich dann aber dagegen; nicht zuletzt auch deswegen, weil ich den neuen Fitzek erwartete. Und jetzt lese ich bei ihm gleich zum Auftakt eine Stelle ausgerechnet aus der „Blutschule“, seltsam! Warum zitiert ein Thriller-Autor einen anderen, warum spielt die Blutschule sogar eine zentrale Rolle bei Fitzek? Ich kann mir das vorerst nicht erklären.


Gleich zweimal hintereinander hörte ich Mittwoch und Donnerstag voriger Woche in der Philharmonie Giuseppe Verdis „Messa da Requiem“. Warum zweimal? Nun, ich kann von diesem Stück einfach nicht genug bekommen. Zumal jede Aufführung anders ist. Dieses Mal dirigierte Marek Janowski sein Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und den Rundfunkchor. Die mit präziser Verve dargebotene Interpretation unterschied sich deutlich von jenem schlanken Dirigat Enoch zu Guttenbergs, den ich in diesem Frühjahr an gleicher Stätte mit Verdis Totenmesse erlebte (Streifzüge vom 27. März). Für meine Begriffe muß Verdis Requiem vor allem eines: volltönen. Das gilt selbstverständlich für die Fortissimo-Entladungen des Orchesters, aber genauso für das Chorflüstern. Der 76jährige Janowski, der im Sommer 2016 aus seinem Amt scheidet, leitet das an diesen beiden Abenden vorbildlich an.


Tage später – die Sache mit der „Blutschule“ läßt mir keine Ruhe – forsche ich im Internet nach, und siehe da: Sebastian Fitzek und sein Verlag Bastei Lübbe treiben ein doppeltes Spiel. Hinter Max Rhode verbirgt sich niemand anderes als Fitzek. Im Namen seiner Schriftsteller-Hauptfigur in dem Buch „Das Joshua-Profil“ hat er – parallel? – auch die nur zweieinhalb Wochen zuvor veröffentlichte „Blutschule“ geschrieben. Sozusagen die Geschichte zur Geschichte. Auf der Homepage des Verlages heißt es zu „Max Rhode“ unterdessen immer noch, der Autor lebe „sehr zurückgezogen im Südwesten der Hauptstadt. Da er der digital vernetzten Welt kritisch gegenübersteht, findet man ihn weder auf Facebook noch Twitter.“