© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/15 / 13. November 2015

Der 7-Punkte-Plan zur Lösung der Asylkrise
(JF)

Der millionenfache Asylansturm auf Deutschlands Grenzen und Sozialsysteme ist nicht „vom Herrgott geschickt“, wie Kanzlerin und Bundesregierung suggerieren wollen. Die Asylkrise ist kein unabwendbares Schicksal, mit dem Deutschland sich wohl oder übel arrangieren muß. Sie ist die Folge konkreter politischer Weichenstellungen und Fehlentscheidungen, von denen die Verantwortlichen mit moralisierenden, scheinlogischen und pseudotheologischen Ausflüchten ablenken wollen. Um die chaotische und ungeregelte Asyl-Einwanderung zu beenden und unter Kontrolle zu bekommen, sind folglich konkrete politische Entscheidungen und Handlungen nötig. Wir erklären, welche Sofortmaßnahmen erforderlich sind, um die Asylkrise in den Griff zu bekommen. 





1.Rede an die Nation 

Der Wille zum Handeln ist die erste Voraussetzung zur Lösung der Krise. Die Bundesregierung muß diesen Willen deutlich und unmißverständlich bekunden, um eine Wende in Deutschlands Asylpolitik einzuleiten. Eine Rede an die Nation ist dafür der angemessene Rahmen: Wenn Deutschland – wie zuvor bereits eine Reihe anderer europäischer Staaten, zuletzt Schweden – vor aller Welt erklärt, daß es keine weiteren Asylbewerber aufnehmen kann, ist das nicht nur ein überfälliges Zeichen an die überforderten Bürger, Hilfs- und Sicherheitskräfte im eigenen Land, daß sie mit ihren Sorgen und Nöten nicht länger alleine stehen. Es ist auch ein klares Signal an die übrigen europäischen Staaten, daß sie selbst handeln müssen und den Asylstrom nicht länger nach Deutschland durchwinken können. 

Erst wenn Deutschland klare Grenzen zieht, kann es glaubwürdig die Kooperation der europäischen Partner einfordern und durchsetzen. Mit der Erklärung eines Aufnahmestopps würde zugleich die fatale Ankündigung der Kanzlerin korrigiert, es gebe „keine Obergrenze“ für das „Grundrecht auf Asyl“. Diese Behauptung ist so demagogisch wie falsch: Die Obergrenze ergibt sich zwingend aus der Leistungs- und Aufnahmefähigkeit des Staates. Ein drohender Staatsnotstand aufgrund einer nicht mehr zu bewältigenden und die öffentliche Sicherheit bedrohenden Zahl von Asylbewerbern schränkt das Asylrecht bereits nach geltender Rechtslage ein (Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags vom 22. Oktober 1992).





2.Ausrufung des Katastrophenfalls 

Faktisch ist der Katastrophenfall längst eingetreten: An den Grenzen findet eine ordnungsgemäße Registrierung und Identitätsfeststellung der Einreisenden nicht mehr statt. Sicherheitskräfte begehren auf, weil sie tagtäglich gewzungen sind, geltendes Recht zu verletzen, indem sie illegale Einwanderer einfach passieren lassen. Erstaufnahmelager und Notunterkünfte sind hoffnungslos überfüllt, zusätzlicher Raum praktisch nicht mehr vorhanden, Polizei, Hilfsdienste und Lokalpolitiker durch Personalnot und Dauereinsätze ausgebrannt und angesichts der unabsehbaren Dimension und Dauer der Probleme am Ende ihrer Kräfte. Derzeit agiert die Bundespolizei faktisch als „riesige Schleuserorganisation, die ankommende Flüchtlinge quer über die Republik verteilt“ (Roland Tichy), während die Bundeswehr zunehmend als Quartiergeber und Serviceorganisation für illegale Einwanderer zweckentfremdet wird. Die Ausrufung des Katastrophenfalls bietet die Handhabe, staatliche Sicherheitsorgane und Einrichtungen ihrer Bestimmung gemäß zur Wahrnehmung elementarer staatlicher Hoheitsaufgaben einzusetzen: zur Wiederherstellung und Sicherung der Kontrolle über die Staatsgrenzen.





3.Schließung der deutschen Staatsgrenze 

Ein Staat, der freiwillig die Kontrolle seiner Grenzen und seines Staatsgebiets aufgibt, gibt sich selbst auf. Die diesbezügliche Kapitulationserklärung der Kanzlerin muß umgehend korrigiert werden. Die Behauptung, „Zäune helfen nicht“, ist unsinnig und wird durch das Beispiel anderer europäischer Staaten wie Ungarn faktisch widerlegt. Durch eine Kombination aus Sperranlagen, natürlichen Hindernissen und verstärkten Kontrollen können die deutschen Grenzen wirksam für Ausländer ohne Einreiseberechtigung gesperrt werden.

Da Deutschland von sicheren Drittstaaten umgeben ist, kann nach derzeit geltender Rechtslage kein Asylbewerber legal über den Landweg nach Deutschland gelangen. Wer mehrere sichere Staaten durchquert, um nach Deutschland zu gelangen, ist auch kein „Flüchtling“ mehr. Die Schließung der deutschen Grenzen für unberechtigt Einreisende ist die Voraussetzung für die Wiederinkraftsetzung des Dublin-Systems und die gemeinsame Sicherung der europäischen Außengrenzen. Da Deutschland durch die Fehlentscheidungen der Bundeskanzlerin beide Systeme selbst beschädigt hat, muß es auch die Initiative für die Wiederherstellung ergreifen. Ohne gleichzeitig Druck durch die Schaffung von Fakten aufzubauen, ist jedes Warten auf eine „europäische Lösung“ reine Illusion.





4.Nothilfe

Eine Sperrung der deutschen Grenzen alleine würde die Asylbewerberströme nicht versiegen lassen, sondern lediglich in die Nachbar- und Transitstaaten verschieben und diese Länder ihrerseits an den Rand des Zusammenbruchs führen. 

Die Verantwortung Deutschlands, sowohl als europäische Führungsmacht als auch als Mitauslöser der Asylkrise, verlangt daher die finanzielle, logistische und gegebenenfalls militärische Unterstützung der europäischen Grenz- und Anrainerstaaten bei der Sicherung der EU-Grenzen, der Sperrung der Schleuserrouten und der Rückführung gestrandeter illegaler Einwanderer. Die Streichung internationaler Hilfsgelder für Flüchtlingslager in den Nachbarländern der syrisch-irakischen Krisenregion war den gegenwärtigen Asylströmen lange vorausgegangen und von der Bundesregierung sträflich ignoriert worden. 

Durch den Ausbau der humanitären Hilfe in den Krisenstaaten kann Deutschland Verantwortung beweisen und mit einem Bruchteil des finanziellen Aufwandes mehr Menschen wirksamer helfen als durch die Aufnahme Hunderttausender Asyl-Immigranten im dichtbesiedelten Deutschland.





5.Ausnahmslose Abschiebung 

Das Asylrecht muß tatsächlich Verfolgten vorbehalten bleiben. Das verlangt umgekehrt die Abweisung aller Nicht-Asylberechtigten – derzeit rund 99 Prozent der Antragsteller. Abschiebungen müssen ausnahmslos und ohne Vorwarnung erfolgen, um Untertauchen in die Illegalität zu vermeiden, und vor der Verteilung auf Einzelunterkünfte durchgeführt werden. Dazu ist es erforderlich, grenznahe Sammelunterkünfte und „Transitzonen“ einzurichten, in denen über Asylanträge im Eilverfahren entschieden wird, bei offensichtlich unbegründeten Anträgen von Personen aus sicheren Herkunftsländern binnen 48 Stunden. 

Auf die Herkunftsländer und Staaten, von denen die Migrationsrouten ausgehen, muß Druck ausgeübt werden, damit sie illegale Asyl-Immigranten auch ohne Papiere zurücknehmen. Massive Rückführungsaktionen senden zugleich ein klares Zeichen an die Welt, daß diese Hintertür zur illegalen Wirtschaftsmigration geschlossen ist.





6.Abbau von Anreizen zum Mißbrauch

Die vom Bundesverfassungsgericht verfügte Anhebung der Geldleistungen für Asylbewerber und das Anschwellen der Asylbewerberströme stehen in direktem Zusammenhang. 

Regierungschefs mehrerer Westbalkanstaaten haben darauf wiederholt hingewiesen und Deutschland zur drastischen Einschränkung dieser Leistungen aufgefordert, damit ihre Staatsbürger nicht abgeworben werden. Interne Behördenschätzungen gehen davon aus, daß jeder aufgenommene Asyl-Immigrant im Schnitt drei bis acht Angehörige nachzieht. 

Da die meisten Einreisenden alleinstehende junge Männer sind, liegt nahe, daß in ärmeren Ländern gezielt in die Schleuserpassage eines Familienmitglieds investiert wird, um den Nachzug weiterer Personen zu ermöglichen. Von Menschen, denen Deutschland Zuflucht gibt, kann erwartet werden, Reinigungs- und Organisationsarbeiten selbst zu übernehmen und für die gewährte Versorgung eine Gegenleistung zu erbringen. 

Eine Pflicht der Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit wäre wie die Beschränkung von Geldleistungen und Familiennachzug ein weiteres starkes Signal, um vom Mißbrauch des Asylrechts zur Einwanderung in die Sozialsysteme abzuschrecken.





7.Grundgesetzänderung

Deutschland ist nicht nur wegen seiner freigebigen Sozialleistungen, sondern auch wegen der singulären Großzügigkeit seines Asylrechts Hauptzielland der weltweiten Asylmigration. Nur in Deutschland gibt es ein individuell einklagbares Grundrecht auf Asyl, während praktisch alle anderen westlichen Staaten lediglich einfachgesetzliche institutionelle Garantien kennen.

Um das weltweit beispiellos weitgehende deutsche Asylrecht einzuschränken, muß das Grundgesetz geändert werden. Daß dies grundsätzlich möglich ist, haben juristische Gutachten bereits vor einem Vierteljahrhundert dargelegt. Der Asylparagraph fällt nicht unter die „Ewigkeitsgarantie“ von Artikel 79 Abs. 3 GG.

Der Verwaltungsjurist Manfred Ritter schlägt für Artikel 16a GG folgende Formulierung vor: „Die Bundesrepublik Deutschland gewährt politisch Verfolgten Asyl. Art und Voraussetzung der Asylgewährung werden durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt.“

Damit wäre zum einen die Grundlage für ein einheitlich restriktives Asylrecht in Europa gelegt, zum anderen ein drittes und deutliches Signal an potentielle Asylmigranten gesendet, daß Deutschland nicht länger gewillt ist, Asylmißbrauch zu illegaler Einwanderung hinzunehmen.





Chronik

4. September 2015

Bundeskanzlerin Angela Merkel entscheidet gegen alle Bedenken, Tausende Flüchtlinge aus Ungarn über Österreich einreisen zu lassen. An jenem Wochenende kommen über 20.000 Menschen im Münchner Bahnhof an. 

13. September 2015

Die Regierung kündigt an, angesichts des unkontrollierten Zustroms von Asylbewerbern das Schengen-Abkommen vorübergehend außer Kraft zu setzen und Grenzkontrollen einzuführen. 

27. September 2015

In einer Flüchtlingsunterkunft im hessischen Calden kommt es zu einer Massenschlägerei von mehreren hundert Beteiligten. Auch in Bonn, Dresden und Trier kam es bereits zu Auseinandersetzungen zwischen Asylbewerbern.

7. Oktober 2015

Deutsche Behörden rechnen mit einem deutlichen Anstieg der Asylsuchenden. Von Oktober bis Dezember wird demnach mit bis zu 920.000 Bewerbern gerechnet. Durch den Familiennachzug könnten bis zu 7,36 Millionen weitere Asylberechtigte hinzukommen. 

10. Oktober 2015

In einer Umfrage des ZDF-Politbarometers zeichnet sich ein Stimmungsumschwung ab. 51 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, daß Deutschland den Flüchtlingszustrom nicht mehr verkrafte. Vor zwei Wochen waren es noch 40 Prozent.

15. Oktober 2015

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer zeigt sich erschüttert über den Zustand des deutschen Rechtsstaates:  „Es gilt zur Zeit keine Ordnung, es gilt kein Vertrag, es gilt kein Gesetz.“ 

19. Oktober 2015

Rekordzahlen bei der Pegida-Demonstration in Dresden: rund 30.000 Menschen beteiligen sich.  

20. Oktober 2015

Die ARD räumt ein, bei „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ ein verfälschtes Bild von Asylbewerbern zu zeichnen. Kameraleute würden eher Familien mit kleinen Kindern filmen, sagt der Chefredakteur von ARD aktuell, Kai Gniffke. Die meisten Flüchtlinge seien allerdings junge Männer. 

26. Oktober 2015

Auf einem Sondergipfel zur Balkanroute verabschieden die Teilnehmer in der Nacht einen 17-Punkte-Plan. Damit sollen die chaotischen Zustände zwischen Griechenland und Deutschland gelöst werden. 

5. November 2015

Die Große Koalition einigt sich auf ein Konzept für die Registrierung von Flüchtlingen: Registrierungszentren sollen besonders das Verfahren von Asylbewerbern ohne Bleibeperspektive beschleunigen. 

9. November 2015

Auf Merkels Veranlassung hin zieht Innenminister Thomas de Maizière seinen Vorstoß, Syrern nur noch den eingeschränkten subsidiären Schutz zu gewähren, zurück. CDU/CSU-Politiker stellen sich hinter den Plan, darunter auch Finanzminister Schäuble. Kritik kommt vor allem aus der SPD.