© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/15 / 13. November 2015

„Exzessive Gewalt eines wütenden Mobs“
Linksextremismus: Die Angriffe auf Mitglieder von Studentenverbindungen und deren Häuser steigen seit einigen Wochen deutlich an
Christian Schreiber

Die Täter kamen im Schutz der Dunkelheit. Zwei unscheinbare junge Frauen klingelten in der Nacht zum 1. November an der Tür der Freiburger Studentenverbindung Neoborussia. Als ein Aktiver der Landsmannschaft öffnete, stürmten plötzlich rund 25 Linksextremisten aus dem Gebüsch und versuchten in das Haus einzudringen. Bei dem anschließenden Kampf wurden mindestens zwei Verbindungsstudenten verletzt, zudem kam es zu Diebstählen und Sachbeschädigungen. 

Es sei „absolut inakzeptabel“, daß Verbindungsstudenten zum Ziel „mitunter lebensgefährlicher, schwerer Körperverletzungsdelikte“ werden, weil bestimmte Personengruppen etwas gegen Studentenverbindungen haben, erklärte der Altherrenvorstand der Neoborussia. Daß man mit Zerstörung von Eigentum, mit Farbbeuteln am Haus oder abgetretenen Außenspiegeln an parkenden Autos die Verbindungsfeindlichkeit unter Beweis stelle, habe man schon oft erlebt. „Diese exzessive Gewalt eines wütenden Mobs ist aber eine beängstigende Eskalation.“

In den vergangenen Wochen sahen sich zahlreiche Verbindungsstudenten gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt.  Besonders betroffen sind davon Burschenschaften, die aufgrund ihres politischen Auftrags als besonderes Feindbild der militanten linksextremen Szene dienen.

Vortrag von Tatjana Festerling als Anlaß

So versuchten Ende Oktober mehrere vermummte Personen, in das Haus der Burschenschaft Germania Halle zu Mainz zu gelangen. Den Mitgliedern der Verbindung gelang es allerdings, dies zu verhindern.  Schon in den Wochen zuvor sah sich die Burschenschaft massiven öffentlichen Schmähungen und Bedrohungen durch Antifaschisten ausgesetzt. Die Übergriffe stehen im Zusammenhang mit einem Vortrag der Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling, der am 29. Oktober auf dem Haus stattgefunden hatte. Die Mainzer Burschenschaft kritisierte in einer Mitteilung das Verhalten des Oberbürgermeisters Michael Ebling scharf. Der SPD-Politiker hatte an der Spitze einer Demonstration gestanden, in deren Verlauf volksverhetzende Lieder abgespielt wurden und es zum Widerstand gegen Polizeibeamte kam. Ebling müsse sich fragen, „ob er an der richtigen Stelle stand“, schreibt Aktiven-Sprecher Thorsten Schulze. 

Ebenfalls im Zusammenhang mit der aktuellen Asyl-Debatte dürfte ein Überfall auf das Haus der Burschenschaft Rugia in Greifswald stehen, bei dem zehn Fensterscheiben eingeworfen sowie eine übelriechende Flüssigkeit auf die Fassade gesprüht wurden. Die Polizei prüft noch, ob es einen Zusammenhang mit zwei Demonstrationen gibt, die am gleichen Tag stattfanden und die sich mit der Flüchtlingskrise auseinandersetzten. 

Sicherheitsbehörden warnen seit längerem

Sicherheitsbehörden warnen schon seit längerem vor einer erhöhten Gewaltbereitschaft der linken Szene gegenüber Studentenverbindungen. Besonders in der Antifa-Hochburg Göttingen sahen sich diverse Korporationen in den vergangenen Monaten wiederholten Übergriffen ausgesetzt. „Die Studentenstadt Göttingen wird auch nach Einschätzung des Landeskriminalamtes Niedersachsen weiterhin als einer der Brennpunkte  in Norddeutschland bewertet. Besonders herausragende Beispiele hierfür waren die mutmaßlich politisch motivierten Brandanschläge beziehungsweise das Ablegen sogenannter unbekannter Spreng- und Brandvorrichtungen in der Innenstadt“, teilte die Polizei mit. 

Auch in Jena hat die Polizei eine Häufung von kriminellen Vorfällen registriert. Dies dürfte damit zusammenhängen, daß im Juni das 200jährige Bestehen der Burschenschaften gefeiert wurde. Seitdem seien die Verbindungen verstärkt in den Fokus gerückt. So wurden im September zwei Männer auf einem Parkplatz grundlos zusammengeschlagen. Vier Männer sprangen plötzlich aus einem Auto und prügelten auf sie ein, nachdem zu erkennen war, daß die Opfer Band und Mütze einer Verbindung trugen. Der Vorfall ereignete sich vor dem Haus des Corps Saxonia Jena.  

Die Deutsche Burschenschaft (DB) sprach in der vergangenen Woche „von einem erbärmlichen Bodensatz“, der „feige und hinterhältig“ agiere.  Der bekannteste Korporationsverband gibt sich allerdings unerschütterlich. „Wer auch immer glaubt, irgendeiner unserer Mitgliedsbünde würde vor solcherlei Kriechertum die Segel streichen, irrt gewaltig“, schreibt die DB auf ihrer Facebook-Seite.