© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/15 / 30. Oktober 2015

Blick in die Medien
Bento startet mit Lösch-Eklat
Ronald Gläser

Was kann es für ein neues Magazin Besseres geben als Aufmerksamkeit? Schade nur, wenn einem die Politische Korrektheit wie ein Mühlstein am Hals hängt. Diese Erfahrung mußte gerade der neue Spiegel-Ableger Bento machen. Das Blog ließ einen unbekannten Spaß-Nutzer bei Twitter kappen, weil dieser einen rassistischen Kommentar abgesetzt haben soll. Sagt Bento. Das kann nicht ganz stimmen.

Der Reihe nach: Bento ist eine neue Webseite für junge Leute aus dem Hause Spiegel und seit Oktober online. Es quillt über mit Gutmenschlichkeit und macht Stories wie „Syrische Flüchtlinge sagen: Danke, Deutschland“ oder „Es ist Zeit für eine Frau an der Spitze der Uno“ – alles garniert mit Sex, wenigen Texten, vielen Bildern und Grafiken. Eine Polit-Bravo. 

„Flüchtlingsheime anzünden: Wir haben den neuen Ekel-Trend probiert.“ 

Ein Blogger namens Matthias alias Alberto Balsam hat ein Twitterkonto namens „Bento is hip“ angelegt. Dort postete er satirische Überschriften, die bei Bento abgekupfert zu sein scheinen wie „Total unterschätzt: Wie veganer Milchkaffee unsere Gesellschaft verändert“ oder „Du willst nur vier Sätze schreiben und trotzdem Journalist sein – wir zeigen dir, wie es geht“. Der Satireaccount traf den Nerv der Nutzer und hatte nach einer guten Woche schon 900 Abonnenten. Das ärgerte die Bento-Redaktion. Sie ließ das Konto von Twitter mit der Begründung sperren, es habe rassistische Nachrichten verbreitet. Konkret geht es um diese: „Flüchtlingsheime anzünden: Wir haben den neuen Ekel-Trend probiert.“ 

Alberto Balsam wirft den Kollegen mangelndes Ethos und Denunziation vor: „Ihr habt den Diskurs verengt und wolltet von euch ablenken, auf uns böse, böse Internet-Rambos.“ Er unterstellt  der Bento-Redaktion, sie sei neidisch auf den Zuwachs seines Twitterkontos gewesen und habe sich die Begründung nachträglich zurechtgelegt („Dann reden wir uns damit raus, daß der Tweet halt irre rassistisch war“). Der Blogger hat angekündigt, Bento in Zukunft zu ignorieren.