© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/15 / 16. Oktober 2015

Geplatzte Global-Governance-Träume: Entpolitisierte Politikwissenschaft
Weltregierung ohne Realitätsbezug
(wm)

Gleich nach der Maueröffnung eroberte die Lehre von der „Global Governance“ (GG) die Lufthoheit über politologischen Stammtischen. Ihr zentrales Dogma lautete, daß Nationalstaaten im Zeitalter der Globalisierung zunehmend funktionslos würden. Daraus folgte, als Handlungsanweisung an die Politik, besser auf Souveränität zu verzichten, da sie bei der weltgesellschaftlichen Gewährleistung von Sicherheit, Güterverteilung und Wohlfahrt ohnehin bald überflüssig sei. Dabei focht es kosmopolitische GG-Träumer wie die Berliner Politologen Thomas Risse und Michael Zürn nicht an, wenn supranationale Institutionen als Vorläufer der erträumten „Weltregierung“  beim internationalen Krisenmanagement regelmäßig versagten. Eine Ignoranz, die für ihren Kollegen Maximilian Terhalle (Fernuni Hagen) vom fehlenden Realitätsbezug der Governance-Enthusiasten zeugt (Zeitschrift für Politik, 3/2015). Denn auch in den letzten 25 Jahren seien Staaten die zentralen Akteure der Weltpolitik und die soziale Identifikationsgrundlage der jeweiligen Gesellschaften geblieben, „die alle kosmopolitischen Identitätsbezüge überdauert“ hätten. Als pure „Entpolitisierung von Politik“ habe sich die GG-Ideologie daher als untauglich erwiesen, den „Widerstreit neuer und alter Großmächte“ zu begreifen.

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