© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/15 / 09. Oktober 2015

Verschwörungstheorien als Sonntagskrimi
ARD: In „Verbrannt“ arbeiten sich die Tatort-Kommissare an einem angeblich rassistischen Polizeimord ab
Lion Edler

Fast zehn Jahre ist es her, seitdem der Fall Oury Jalloh die Justiz beschäftigt. Der aus Sierra Leone stammende Asylbewerber verbrannte im Polizeirevier Dessau bei lebendigem Leibe. Er habe seine Matratze oder Kleidung angezündet, sagt die Polizei. Linksradikale und manche Schwarze glauben aber, daß es Mord war. Im vergangenen Jahr begannen die Ermittlungen erneut.

Nun mischt sich ein Fernsehsender in den Prozeß ein. Mit einem Krimi macht der NDR Stimmung – vor allem gegen die Polizei. Die „Tatort“-Folge „Verbrannt“ beschäftigt sich vor dem Hintergrund des realen Falls „mit dem Thema Rassismus bei der Polizei“, wie der Leiter der NDR-Filmabteilung, Christian Granderath, erklärt. Und es sind nicht nur Einzelfälle, sondern beinahe die ganze Polizei scheint rassistisch zu sein. Und die Asylbewerber? Fast alles nur nette Leute, die sich mit Deutschland identifizieren und sich am Buch „Deutsche Heldensagen“ erfreuen.

Der echte Fall ist bis      heute ungeklärt

Den Tod des Afrikaners im „Tatort“ habe sich der Drehbuchautor „nicht einfach ausgedacht“, erklärt Granderath in einer Pressemappe zur Filmpremiere. Schließlich habe es in der Realität „einen ähnlichen Fall“ gegeben. Stimmt – nur hat die Sache einen Haken: Im Film wird ein junger Polizist als Täter überführt, der zudem von einem Kollegen angestiftet wurde. In der Realität ist die Sache aber bis heute ungeklärt. 

Der Film spielt in einer niedersächsischen Kleinstadt, in der zwei Bundespolizisten einen vermeintlichen Schleuser beschatten. Der Mann wird über Nacht in Gewahrsam genommen, um am nächsten Tag verhört zu werden. Doch dann verbrennt er in seiner Zelle. Die Kommissare machen sich auf, die Hintergründe des Falls zu recherchieren. 

NDR-Filmchef Granderath läßt es sich nicht nehmen, den „Tatort“-Film dazu zu nutzen, um gegen die Justiz in Sachsen-Anhalt auszuteilen, „die bis heute nicht in der Lage zu sein scheint, hier für Klarheit und Gerechtigkeit zu sorgen“.

Schon der Beginn des Films zeigt, wo die Reise hingeht: Während die Kamera über eine Ortschaft schwenkt, hört der Zuschauer die deutsche Nationalhymne. Zwei Tage später feiern Polizisten auf einer Grillparty den Tag der Deutschen Einheit. Immer wieder sind schwarzrotgoldene Flaggen und Polizisten, die sich an Sammelbildern der deutschen Nationalelf erfreuen, zu sehen. Die dahinterstehende Suggestion ist klar: Wer für Jogis Elf ein Fähnchen ins Fenster stellt, der zündet unter Umständen auch schon mal einen Afrikaner an.

„Wieviel davon steckt        in jedem von uns?“

Eine tätowierte Kassiererin im Supermarkt, die gegen die Asylbewerber schimpft, wird als hohlköpfig und plump dargestellt. Gutsituierte Filmemacher dürfen hier mal so richtig ihre arroganten Ressentiments gegen die Unterschicht ausleben. Nur gegen die deutsche, versteht sich. Daß die Rolle des Helden im Film von einer Frau verkörpert wird, muß den Zuschauer in der Zeit des Gender Mainstreaming dann auch nicht mehr wundern. 

Der Drehbuchautor dieser Folge, Stefan Kolditz, scheint überall Rassisten zu sehen. „Institutioneller Rassismus ist nur die zugespitzte Form des Rassismus in der Gesellschaft“, behauptet der Theaterwissenschaftler, der mit Stücken wie „Eva – Hitlers Geliebte“ Bekanntheit erreichte. 

Anja Reschke mußte den Polizisten in Schutz nehmen

Doch selbst fortschrittliche Kräfte sind vor Kolditz’ wachem Auge und seinem Rassismusvorwurf nicht gefeit: „Aber bevor wir es uns als Gutmenschen zu einfach machen und auf die anderen zeigen: Wieviel davon steckt in jedem von uns?“ Über solche Belehrungen freut sich der Zuschauer bestimmt – zumal er sie auch noch ungefragt finanzieren muß.

Für welches Publikum solche Filme produziert werden, wurde bei der Filmpremiere im ARD-Hauptstadtstudio deutlich, die mit einer Podiumsdiskussion verbunden war: Ein gutes Drittel des Publikums waren Linksextremisten, die den Vertreter der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, heftig anfeindeten. Ob er glaube, daß seine Kollegen Oury Jalloh ermordet hätten, fragte eine Frau mit Rastalocken in anklagendem Tonfall. „Ich bin Polizist und kein Richter!“ sagte Radek, der an diesem Abend die Rolle des Buhmanns hatte. Selbst die ARD-Moderatorin Anja Reschke, die die Diskussion moderierte und zuletzt gern mal Asylkritiker diffamierte, nahm Radek nun in Schutz. 

Sie wisse nicht, ob Radek als Polizist der richtige Ansprechpartner für einen Gerichtsprozeß sei. „Sie sind doch der, der die Justiz hier mehr oder weniger vertritt“, rief eine Frau aus dem Publikum. Die Diskussion drohte zu einer Mobbingveranstaltung gegen Radek auszuarten, so daß Reschke sich entschloß, die Veranstaltung zügig für beendet zu erklären. 

Tatort: Verbrannt. 11. Oktober 2015, ARD, 20.15 Uhr  http://www.ardmediathek.de/tv