© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/15 / 09. Oktober 2015

Anhaltender Widerstand
Baden-Württemberg: Ein halbes Jahr vor der Landtagswahl wollen die Gegner des grün-roten „Bildungsplans“ wieder demonstrieren
Michael Paulwitz

Die Gegner der von Grün-Rot in baden-Württemberg geplanten Frühsexualisierung an den Schulen des Landes beweisen Durchhaltevermögen. Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr ruft die „Demo für alle“-Bewegung am kommenden Sonntag in Stuttgart (14 Uhr, Schloßplatz) zum Protest gegen Gender-Ideologie und Frühsexualisierung auf. Organisatorin Hedwig von Beverfoerde fühlt sich durch erste Zwischenerfolge bestätigt und will knapp ein halbes Jahr vor der Landtagswahl im Südwesten den Druck auf Grün-Rot verstärken. 

Im Internet läuft die Mobilisierung auf Hochtouren. Ein „Aktionsbündnis“ der üblichen Verdächtigen von Gewerkschaften und Grünen bis zum gewaltbereiten linksextremen Rand mobilisiert seit Wochen mit wild im Stadtgebiet geklebten Plakaten zur Gegendemo. Im Medien-Establishment hat die bevorstehende Konfrontation in der baden-württembergischen Landeshauptstadt dagegen auch knapp eine Woche vor dem Demo-Tag noch immer so gut wie keine Spuren hinterlassen.

Als Erfolg ihrer Proteste („Demo für alle wirkt“) werten die Bildungsplangegner, daß die Mitte September von der grün-roten Landesregierung vorgestellte „Anhörungsfassung“ des Bildungsplans in einigen Punkten entschärft wurde. Daß statt der „Sexualpädagogik der Vielfalt“ nunmehr die „geschlechtergerechte“ beziehungsweise „geschlechtersensible Sprache“ im Mittelpunkt stehen soll, ist freilich alles andere als ein Anlaß zur Entwarnung. Der Demo-Aufruf weist folgerichtig darauf hin, daß der dubiose „Aktionsplan für Akzeptanz und gleiche Rechte“, der kurz vor der zweiten „Demo für alle“ im Juni beschlossen wurde und die Verankerung von „LSBTTIQ-Themen“ (das Kürzel steht für den Monster-Sammelbegriff „LesbenSchwuleBiTransgenderTranssexuelleIntersexuelleQueer“) in Bildungsplänen, Lehrerfortbildung und Schulen vorsieht, ebenso gelte wie ein entsprechender „Partnerschaftsvertrag“ der Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) mit der „LSBTTIQ“-Lobby, der auch nach einem Regierungswechsel erst mit einjähriger Kündigungsfrist wieder aufgehoben werden könne.

Hedwig von Beverfoerde macht sich daher keine Illusionen: „Das grün-rote Ziel, Baden-Württemberg zum Vorreiter für sexuelle Vielfalt zu machen, bleibt unverändert, und die Endfassung des Bildungsplanes kommt erst nach der Wahl.“ 

An der Basis der CDU grummelt es

Die dahinterstehende Gender-Ideologie richte sich „gegen das christliche Menschenbild, gegen die Ehe als Lebensbund von Mann und Frau und gegen das Erziehungsrecht der Eltern“. Bei der dritten Demo für alle soll deshalb der Widerstand gegen „Gender-Indoktrinierung unserer Kinder in Kita und Schule“, gegen geplante Besuche von „LSBTTIQ“-Gruppen in Schulklassen unter Ausschluß des Lehrers und gegen die „Öffnung“ der staatlichen Ehe für Homo-Paare im Mittelpunkt stehen. Statt dessen fordert die „Demo für alle“ die Verankerung von „Ehe und Familie als Leitbild“ im Bildungsplan.

2.400 Teilnehmer waren im März zur „Demo für alle“ in die baden-württembergische Landeshauptstadt gekommen, fast doppelt so viele, 4.600, folgten im Juni dem zweiten Aufruf. Dieser Druck soll knapp ein halbes Jahr vor der Landtagswahl nochmals erhöht werden, um Grün-Rot nicht mit der Strategie durchkommen zu lassen, das Thema im Wahlkampf unter dem Teppich zu halten, um nach der Wahl dann vollendete Tatsachen zu schaffen. Anders als die AfD, die im März erstmals den Sprung in den Landtag eines westdeutschen Flächenstaats schaffen will, kann sich die Landes-CDU allerdings noch immer nicht zu eindeutiger Unterstützung der „Demo für alle“ durchringen. 

Während die Führung zaudert, grummelt es an der Basis, wo etliche Personen und einzelne Gliederungen sich an der Demonstration beteiligen, vernehmlich über den Kurs des Spitzenkandidaten Guido Wolf, dem einige offen unterstellen, sich die schwarz-grüne Option offenhalten zu wollen. Die Demo-Organisatoren halten sich zugute, daß durch ihre Proteste „viele Menschen überhaupt erst auf die Gender-Politik der Landesregierung aufmerksam geworden sind“ und so die Parteien zwingen, Farbe zu bekennen.

Ein „Aktionsbündnis“, das von Jusos, Grüner Jugend und Linkspartei über den Verdi-Bezirksverband, Verdi-Jugend und diverse linksradikale und linksextreme Splittervereine bis zu militanten Truppen der sogenannten „Antifa“ reicht, mobilisiert auch diesmal wieder zu Gegenkundgebungen. Der Erfolg dürfte überschaubar bleiben. Die etablierten Leitmedien ziehen es bislang vor, das heiße Eisen vorab gar nicht aufzugreifen, zumal die Landesregierung diesmal auch auf provozierende Veröffentlichungen und Beschlüsse im Vorfeld verzichtet und die Asylkrise nach wie vor die Lokalberichterstattung dominiert.

Daß Gender-Ideologie und „Willkommenskultur“ für – in der Regel muslimische – Asyl-Immigranten sich allerdings nur schlecht vertragen, mußte zuletzt das „Schwul-lesbische Zentrum Weissenburg“ erfahren, das den beflissenen Betreuern einer Caritas-Asylunterkunft seine Räumlichkeiten zur Ausrichtung eines muslimischen Opferfests zur Verfügung gestellt hatte, aber vom Imam der türkischen Ditib-Moschee düpiert wurde, der sich weigerte, die religiöse Eröffnungszeremonie an einem „unreinen Ort“ vorzunehmen. Bei einem solchen Fall von „Intoleranz“ wagt sogar die führende Lokalzeitung kritische Töne an die Adresse der größten Stuttgarter Moscheegemeinde.

Foto: „Demo für alle“ in Stuttgart: Auch das grün-rote Lager mobilisiert seine Anhänger für den kommenden Sonnabend