© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/15 / 02. Oktober 2015

Umwelt
Ein einig Dieselland
Jörg Fischer

Die Wiedervereinigung vor 25 Jahren war auch für die Umwelt ein Segen. Das läßt sich an den im Zuge der VW-Diesel-Affäre ins Bewußtsein gerückten Stickstoffoxid-Emissionen (NOX) belegen: Wurden 1990 noch 2,9 Millionen Tonnen von Kraftwerken, Industrie, Landwirtschaft oder Verkehr ausgestoßen, so sind es inzwischen mit 1,3 Millionen Tonnen weniger als die Hälfte. Dieser Rückgang ist vor allem dem modernen Auto- und Bahnverkehr zu verdanken. Dennoch sei der Verkehrsbereich mit „40 Prozent weiterhin mit Abstand der größte Verursacher von NOX-Emissionen, davon überwiegend aus dem Lkw-Verkehr“, klagt das Umweltbundesamt (UBA). Der Anteil des giftigen Stickstoffdioxids (NO2) an den Emissionen nehme sogar zu. Ein Grund hierfür sei der höhere NO2-Anteil im Abgas von mit Oxidationskatalysatoren ausgestatteten Turbo-Dieselfahrzeugen.

„Höhere Verbrennungstemperaturen begünstigen die Oxidation des Luftstickstoffs.“

„Der permanent hohe Luftüberschuß in der Flamme und höhere Verbrennungstemperaturen“ begünstigten die NOX-Bildung, so das UBA. „Hinzu kommt, daß aufgrund des höheren Luftanteils während der Verbrennung kein Dreiwegekatalysator wie beim Ottomotor eingesetzt werden kann.“ Eine Dieselabgasreinigung ist teuer und erhöht den Spritverbrauch.  Das UBA geißelt daher seit Jahrzehnten die dieselnden „NOX- und NO2-Schleudern“. Doch gleichzeitig warnt die Dessauer Bundesbehörde noch vehementer vor dem Ausstoß des „Klimakillers“ CO2. Aber Dieselmotoren stoßen davon tendenziell weniger aus als vergleichbare Benziner. Die Politik besteuert zudem – anders als in Amerika – Benzin stärker als Diesel. 1990 wurden 338.000 Diesel-Pkw neu zugelassen, 2014 waren es 1,45 Millionen. Der Marktanteil liegt heute bei 48 Prozent. Wer diesen reduzieren will, muß wohl oder übel das CO2 der Benziner tolerieren, denn eine Million Elektroautos rollen 2020 nur auf Angela Merkels Phantasiestraßen.