© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/15 / 02. Oktober 2015

Die VW-Affäre ist nur die Spitze des gängigen Verbraucherbetrugs
So tun als ob
Jörg Fischer

Am 7. Oktober 1989 faselte Erich Honecker von einer Wirtschaft mit „moderner Struktur und großer Leistungskraft“, von „Dynamik und wachsender Effektivität“ durch „Hochtechnologien“ und „leistungsfähige“ Mikroelektronik. Die Jubiläumsgäste klatschten Beifall, niemand widersprach. Zehn Tage später war der SED-Chef entmachtet, ein Jahr später die DDR im Orkus verschwunden.

VWs „Dieselgate“ (Bild) weist erstaunliche Parallelen auf: Die gleichen, die den Konzern und dessen Fahrzeuge mit Honecker-Vokabular hochjubelten, prügeln nun darauf ein. Dabei ist das „So tun als ob“ kein sozialistisches Alleinstellungsmerkmal, sondern auch im Finanz- und Quartalskapitalismus oder bei der Euro-Rettung gang und gäbe. Gepaart mit grünen Heilsversprechen potenziert sich der Irrsinn: E10-Biosprit befördert Maiswüsten und Regenwaldsterben, die verordnete Wärmedämmung den Schimmelbefall. Daß EU-genormte Dieselmotoren durstig, kompliziert und teuer sind, wußten  die jetzt verteufelten Ingenieure. Aber es reichte, wenn sie die Abgasprüfung bestehen. Daß der im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) gemessene Spritverbrauch nur Augenwischerei ist, weiß jeder deutsche Autofahrer.

Daß nun à la „Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“ Hybridautos gepriesen werden, freut vielleicht den Technikpionier Toyota. Es zeigt aber, daß man nichts dazugelernt hat: Der Prius Plug-in verbraucht zwar nach EU-Norm nur 2,1 Liter Benzin und liegt mit 49 Gramm CO2-Ausstoß unter der künftigen Brüsseler Vorgabe von 95 Gramm – in der deutschen Fahrpraxis liegt der Benzindurst aber mehr als doppelt so hoch, und die versprochene elektrische Reichweite von 25 Kilometern ist rein theoretisch.

Zudem ist das Verbrauchswunder wegen der E-Technik schwerer und anderthalbmal so teuer wie ein Golf. Aber wer den E-Hybriden vertraut, glaubt auch, daß ein Drei-Zylinder-Motor sehr langlebig ist, ein BMW i3 190 Kilometer weit kommt und ein iPhone zwei Betriebstage durchhält.