© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/15 / 02. Oktober 2015

Der Fall von Kundus
Deutschlands Niederlage
Moritz Schwarz

Eigentlich müßte man eine regelmäßige Kolumne einrichten: „Peter Scholl-Latour hatte recht!“ Egal, wohin man schaut: Irak, Syrien, Libyen oder Afghanistan, jeder Tag, der vergeht bestätigt die Vorhersagen des 2014 verstorbenen Publizisten. 

Nun also Kundus. Die Taliban haben das ehemalige Herz der deutschen Sicherheitszone in Afghanistan überrannt. Selbst wenn der Kabuler Armee die Rückeroberung gelingen sollte, der Fall von Kundus erinnert die Deutschen daran, was sie nie richtig zur Kenntnis genommen haben: Daß sie den Krieg verloren haben! Kriege sehen heute anders aus als früher, und so sehen auch die Niederlagen anders aus als 1945. Das ändert nichts daran, daß Deutschland besiegt ist.

Wer übrigens glaubt, das sei doch eigentlich der Krieg der Amerikaner gewesen, der irrt. Deren Kriegsziel war der Sturz der Taliban als Vergeltung für deren Unterstützung Osama Bin Ladens. Die Idee, anschließend ein demokratisches Afghanistan aufzubauen, den Krieg – mit 52 deutschen Gefallenen – für dieses Ziel zu führen, gehe vor allem auch auf die Deutschen zurück, so berichtete der Spiegel schon vor Jahren. 

Nach dem Euro und jüngst der „Welcome-und-wir-schaffen-das“-Politik scheitert damit einmal mehr eines der großen Versprechen der Großen Koalition mit Pauken und Trompeten. Abermals völlig vorhersehbar. Scholl-Latour würde nur den Kopf schütteln.