© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/15 / 25. September 2015

Linksideologische Wahrnehmungsstörungen: Heideggers „Irrationalismus“
Entsorgte Konstruktionen
(dg)

Die 2014 inszenierte Skandalisierung der „Schwarzen Hefte“ Martin Heideggers (zuletzt JF 30/15) vermittelte bereits einen grellen Vorschein auf den geistigen Verfall, wie er sich aktuell in der wahnhaften „Willkommenskultur“ offenbart. Wenige Zeilen in einem 1.500seitigen Textkorpus genügten, um das 100bändige Gesamtwerk Heideggers als „antisemitisch kontaminiert“ zu verdammen. Selbst die These des „Hefte“-Herausgebers Peter Trawny , so wundert sich der Hamburger Philosoph Siegfried Gerlich (Tumult. Vierteljahrsschrift für Konsensstörung, 3/2015), der Denker sei von einem Groschenheft über die „jüdische Weltverschwörung“ inspiriert worden, erschien dem Feuilleton der Leitmedien und einer Heerschar politisch gleichgeschalteter Philosophieprofessoren nicht schwachsinnig genug, um ihr den Beifall zu versagen. Im selben Tumult-Heft, das Schwerpunkte auf Herbert Marcuse und dessen Lehrer Heidegger legt, verweist der Literaturwissenschaftler Clemens Pornschlegel auf die lange Tradition dieser linksideologischen Heidegger-Rezeption. Stimmführer sei dabei Jürgen Habermas gewesen, der Heidegger als Exponenten des „irrationalistischen“ Nationalsozialismus denunziere. Tatsächlich entsorge diese Konstruktion die „als seriöses philosophisches Problem“ nicht anerkannte, im NS-System kriminell pervertierte „Judenfrage“ im Orkus der „vorwissenschaftlichen Vormoderne“. 


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