© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/15 / 25. September 2015

Lesereinspruch

Undifferenziert

Zu: „Töten ist keine Alternative“ von Martin Lohmann (JF 39/15)

Mit diesem Kommentar bin ich in dieser fundamentalistischen Art und Weise nicht einverstanden. Zumal er selbst den Fundamentalismus kritisiert. Besonders stört mich, wenn der Autor ertrunkene „Flüchtlinge“ im Mittelmeer mit abgetriebenen Föten oder getöteten alten Menschen, die an ihrem Lebensende angekommen sind, vergleicht. Die sogenannten Flüchtlinge kennen sehr wohl das Risiko der Überfahrt. Das hat sich dank der auch in Afrika vorhandenen Medienquellen herumgesprochen. Und sie sehen die kaum seetüchtigen Boote, die sie besteigen. Wenn sie sich dennoch auf ein solches Wagnis einlassen, und das in der Regel auch noch für viel Geld („Die armen Flüchtlinge!“), so nehmen sie eben ein solch hohes Risiko in Kauf. Das ist nicht zu vergleichen mit den Kindern, denen keine Wahl bleibt, oder mit den alten Menschen, die, allein gelassen mit ihren Schmerzen, Ängsten und Kümmernissen, verspüren müssen, wie sie der Umwelt zur Last werden, und keinen anderen Ausweg mehr wissen, als freiwillig den Tod zu suchen. Ich hätte bei einem so sensiblen Thema mehr Differenzierung erwartet.

Harald Heinrich, Berlin