© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/15 / 18. September 2015

GegenAufklärung
Karlheiz Weißmann

»Die Einlassungen Herfried Münklers angesichts des Völkersturms auf Europa sind halbgar.«

Tote Seelen“ nannte Samuel Huntington die „Goldkragen“, „Davos-Leute“, „Kosmokraten“, linken Wissenschaftsmanager, also jene Mitglieder einer internationalisierten Elite, die das Schicksal des eigenen Landes und der eigenen Leute immer weniger schert. Der Begriff stammt aus einem Gedicht Walter Scotts – „The Lay oft he Last Minstrel“ –, wo schon von denen die Rede ist, die zwar „Titel, Macht und Mammon“ haben, aber keine Liebe zum Vaterland.

Die Kanzlerin findet, daß die Frage danach, was man gegen die Islamisierung Deutschlands tun könne, „falsch“ gestellt sei, und sie fordert den Frager zusammen mit all jenen, die ähnliche Sorgen treiben, auf, das christliche Bekenntnis zu stärken und häufiger zum Gottesdienst zu gehen. Das werden die Betreffenden sicher nicht tun. Zu den besseren Gründen gehört, daß man ihnen dort dasselbe sagen wird wie die Kanzlerin: wie großartig die Zuwanderung ist, wie ärmlich unsere eigene christlich-abendländisch-weiß-männliche Kultur, die dringend der Bereicherung von außen bedarf, und wie wichtig, mehr Geld für die eigene Abschaffung zur Verfügung zu stellen.

Am 7. September stellte die Frankfurter Allgemeine einen Artikel mit der Überschrift „Roter Teppich für Migranten“ ins Netz. Der war prominent plaziert, gleich als Aufmacher mit formatfüllendem Bild von vier Zuwanderern illustriert. Der erste Leserkommentar wurde um 14.24 Uhr gesendet, der letzte um 15.26 Uhr, dann hat die Redaktion die Kommentarfunktion abgeschaltet.

Der Auftritt von Frau Riemann, Herrn Schweiger, Wecker sowie diverser Popstars und -sternchen mit ihrem Appell zugunsten der „Flüchtlinge“ und „gegen Rechts“ ist nicht der Rede wert. Kompetenzübertragung ist kein Phänomen moderner Gesellschaften, die gibt es seit alters her. In primitiven Gesellschaften glaubte man schon, daß der schönste Mann oder der beste Tänzer auch zum Anführer taugt; durchgesetzt hat sich das Modell letztlich nicht.

Im Online-Archiv der Titelbilder des Spiegel fehlt der Umschlag der Ausgabe 16/1997: „Gefährlich fremd“.

Bildungsbericht in loser Folge LXXX: Zur Migrationspropaganda gehört auch die Behauptung, daß die Kinder von Einwanderern in Deutschland häufiger Abitur machen als die von Autochthonen. Lassen wir die Glaubwürdigkeit der Faktenbasis dieser Meldung einmal beiseite, dann steht doch zu vermuten, daß, wenn überhaupt, das bevorzugt für jene Bundesländer zutrifft, die einen besonders hohen Anteil von Menschen mit Migrationserfahrung bergen. Das heißt, es geht um Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, und über die Aussagefähigkeit der dort erworbenen Reifezeugnisse schweigt des Dichters Höflichkeit.

„Schlepperkönigin Merkel“ (Überschrift in der Weltwoche vom 3. September 2015).

Unter die „Luthers“ der Gegenwart, im Rahmen der Serie „Luther reloaded“, rechnet Chrismon – Das evangelische Magazin auch die Chefin von CAL: „Coalition of African Lesbians“. – Das konnte der Reformator wirklich nicht ahnen.

Ein Grund für die Entfernung des Spiegel-Covers aus dem Netz könnte sein, daß man in der gegenwärtigen Situation nicht so gern an eigene, fast zwanzig Jahre alte und zutreffende Analysen erinnert werden möchte, wie etwa die: „Die Ausländerintegration ist gescheitert. Überall im Land entsteht eine explosive Spannung. Bei jungen Türken und Aussiedlern, Randgruppen ohne Perspektive, wächst die Bereitschaft, sich mit Gewalt zu holen, was die Gesellschaft ihnen verweigert.“

Die Entdeckung des Homo naledi Nahe Johannesburg ist nicht deshalb so interessant, weil wir einen neuen Ast an unseren Stammbaum anstücken können, sondern wegen der rätselhaften Lage und schweren Zugänglichkeit der Fundstätte sowie der Vollständigkeit des Skeletts. Sollte es sich bewahrheiten, daß Indizien für eine Bestattung sprechen, dann müßte man tatsächlich neu über die Geschichte unserer Spezies und des menschlichen Geistes nachdenken.

Angesichts von „Münkler-Watch“ und der Art, wie Berliner Studenten einen ihrer Professoren terrorisierten, meinte ein Bekannter, ich zeigte für das Opfer zuwenig Empathie. Aus gutem Grund, wie ich nach wie vor finde. Die Einlassungen Herfried Münklers angesichts des Völkersturms auf Europa sind genauso halbgar wie das, was er sonst schreibt; nicht so falsch wie die Üblichkeiten, aber so falsch, daß sie ein paar Vernünftige in die Irre leiten: gewandert wurde immer, meint der Politologe, die Neuankömmlinge dienen allemal als „Generator des Neuen“, und ohne großen Aufwand und mit etwas gutem Willen werden wir sie allesamt zu „Deutschen machen“.