© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/15 / 11. September 2015

Knapp daneben
Vorgeschmack auf die Fußball-Zukunft
Karl Heinzen

Wie so viele Fußballer seines Alters gilt der 19jährige Anthony Martial als Ausnahmetalent. Gerade einmal 50 Spiele hat er für seinen bisherigen Club AS Monaco bestritten und in ihnen auch bloß elf Tore erzielt. Offenbar machte er dabei aber eine so gute Figur, daß nicht nur die zuletzt wenig ruhmreiche Équipe Tricolore, sondern vor allem Manchester United auf ihn aufmerksam wurde. 50 Millionen Euro blätterte der „englische Traditionsverein“ auf den Tisch, um Martial nach Old Trafford zu holen, ein Betrag, den sogar der Spieler, ohne daß man ihm mangelndes Selbstvertrauen nachsagen könnte, als „verrückt“ bezeichnete.

Selbst wenn man ausklammert, daß hinter Manchester United die offenbar sehr sportbegeisterte amerikanische Milliardärsfamilie Glazer steht (wie im übrigen hinter Monaco der nicht minder betuchte russische Exiloligarch Rybolowlew), sind 50 Millionen Euro allerdings keine Transfersumme, die englischen Fußballmanagern Kopfzerbrechen bereiten müßte.

Die Rolle der Platzhirsche von einst wird sich darauf reduzieren, Brutstätte für Talente zu sein.

Ab der nächsten Saison können die 20 Clubs der Premier League jährlich drei Milliarden Euro allein aus dem Verkauf der Fernsehrechte einplanen. Die 1,2 Milliarden Euro, die man vor der soeben angelaufenen Saison in Spielerkäufe investierte, sind daher nur ein kleiner Vorgeschmack auf die Zukunft.

Die Spitzenclubs in Italien, Spanien und Deutschland richten sich bereits darauf ein, daß der Anschluß an die englische Konkurrenz unweigerlich verlorengeht. Die Rolle von Bayern München, Inter Mailand, Real Madrid und wie die Platzhirsche von einst auch heißen mögen, wird sich darauf reduzieren, Brutstätte für Talente zu sein, die gut genug für die Insel sein könnten – und jene zurückzunehmen, die es doch nicht waren. Schon in wenigen Jahren werden sie gegen Schwergewichte wie den FC Watford oder West Bromwich Albion nicht mehr den Hauch einer Chance haben. Alle Überlegungen, wie man den Pokalwettbewerb, der die Champions League immer noch ist, in eine regelrechte Liga verwandeln könnte, werden damit hinfällig. In der Premier League sind die besten Vereine Europas bereits unter einem Dach versammelt.