© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/15 / 11. September 2015

Im Schatten der Ukraine-Krise: Osteuropäische Bedrohungsgefühle
Gegen nationale Deutungsmauern
(rz)

Für Osteuropahistoriker Peter Haslinger, den Direktor des Marburger Herder-Instituts, geht es bei der weltpolitisch eher marginalen Ukraine-Krise um nicht weniger als die „Sicherheitsarchitektur“ des alten Kontinents, um die „Wertebasis europäischer Politik“ und, fast wie nebenher, um die „komplexe wirtschaftliche und soziale Stabilisierung“ Südosteuropas (Leibniz-Journal, 2/2015). Zur Lösung dieser Herkulesaufgaben könne Wissenschaft durch „Dialogfähigkeit“ bewahrende „science diplomacy“ beitragen. Zumal in den östlichsten EU-Staaten zurückkehrende Bedrohungsgefühle vor dem unberechenbar eingeschätzten Reich Putins „ein geradezu beängstigend schnelles Abreißen der wissenschaftlichen Kontakte“ bedingten. Im Baltikum gebe es bereits erste Direktiven, keine Konferenzreisen mehr nach Rußland anzutreten. Dem könne der größte deutsche Wissenschaftsverbund, die Leibniz-Gemeinschaft, mit dem Ausbau seiner Osteuropa-Kompetenz entgegenwirken. Haslingers Zukunftsvision richtet sich dabei auf ein „Europäisches Ost-West-Wissenschaftszentrum“. Gefördert auch von der Europäischen Union, sollte diese Einrichtung zu verhindern helfen, daß erneut „nationale Deutungsmauern“ zwischen den Wissenskulturen hochgezogen werden und „Wissenschaftskontakte an Staatsgrenzen ausdünnen“. 


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