© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/15 / 11. September 2015

Rußland plant offenbar Intervention in Syrien
Auf eigene Faust
Thomas Fasbender

Die Basis für ein russisches Expeditionskorps in Syrien ist errichtet, die Soldaten werden nicht lange auf sich warten lassen. Dennoch wäre es falsch, die Moskauer Entscheidung nur als Eskalation im neuen Kalten Krieg zwischen Rußland und dem Westen zu interpretieren. Den barbarischen Arm des „Islamischen Staats“ (IS) spüren die Russen inzwischen auf dem eigenen Territorium. 

Die „werteorientierte Außenpolitik“ des Westens und die von ihm betriebene „Demokratisierungspolitik“ in Nordafrika und im Nahen und Mittleren Osten gelten in Moskau zu Recht als komplette Fehlschläge. Auch die europäische Flüchtlingskrise wird in diesem Zusammenhang interpretiert. 

Vier Millionen der insgesamt 23 Millionen Syrer sind auf der Flucht, Hunderttausende nach Europa unterwegs. Die meisten der in der Heimat Verbliebenen leben auf dem von der Regierung kontrollierten Gebiet. Stürzt der autoritäre Präsident Baschar al-Assad, wird es zum Schauplatz grausamer Kämpfe zwischen Warlords, Freischärlern und dem entmenschten IS. 

Daß Rußland jetzt auf eigene Faust handelt – und gleichzeitig zu einer großen Anti-IS-Koalition aufruft –, sollte angesichts des Dilettantismus, den der Westen über Jahre an den Tag gelegt hat, niemanden verwundern.