© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/15 / 28. August 2015

Zwischen Religion und Aufklärung: Schleiermacher-Edition
Fremdkörper in der bunten 68er-Kirche
(wg)

Friedrich Schleiermacher, 1768 in Breslau geboren, 1834 in Berlin gestorben, gilt als bedeutendster deutscher Theologe des 19. Jahrhunderts. Ein Klassiker aus der Goethezeit, der deshalb kaum verstaubte, weil er bis in die 1960er Jahre als Vermittler zwischen Religion und Aufklärung und damit als Ahnherr des „liberalen“ Protestantismus anschlußfähig blieb. Mit dieser Aktualität legitimieren Kirchenhistoriker daher seit fünfzig Jahren den immensen Aufwand einer Edition der Werke Schleiermachers, die im 200. Todesjahr mit 73 Bänden abgeschlossen sein soll. Ob aber nicht angesichts entsorgter Traditionsbestände und des rasant schrumpfenden Resonanzraumes für Luthers Kirche diese hingebungsvolle Überlieferungspflege spätestens 2034 totes Wissen sein dürfte, ist eine Frage, die Günter Meckenstock, langjähriger Leiter der Schleiermacher-Forschungsstelle der Kieler Theologischen Fakultät, in seiner Zwischenbilanz des Editionsprojekts lieber nicht stellt (Christiana Albertina, 80/2015). Zumal der Emeritus, der sich schon zeitgeistkonform vom Theologen und CDU-Politiker Martin Redeker distanziert, der 1968, als Studenten seine „braune Vergangenheit“ skandalisierten, die Forschungsstelle begründete, schwerlich den Mut aufbrächte, mit Schleiermacher auf Konfrontationskurs zur „bunten“ Kirche der „Geschlechtergerechtigkeit“ und des Multikulturalismus zu gehen. 


 www.wachholtz-verlag.de